Überlebender aus Israel sagt in Sachsenhausen-Prozess aus

Überlebender aus Israel sagt in Sachsenhausen-Prozess aus

Brandenburg an der Havel (epd). Im NS-Prozess gegen einen früheren Wachmann des KZ Sachsenhausen hat ein Überlebender an den Angeklagten appelliert, sein Schweigen zu brechen. Der 92-jährige Emil Farkas, ein aus der Slowakei stammender Jude und späterer Leistungssportler der israelischen Nationalmannschaft im Kunstturnen, rief den 100-jährigen Josef S. in der Gerichtsverhandlung in Brandenburg an der Havel am Donnerstag auf, sein „dunkles Geheimnis“ nicht länger für sich zu behalten und den Mut aufzubringen, über die Zeit zu reden.

Farkas Aussagen wurden zunächst in einer Erklärung auf Hebräisch verlesen und dann übersetzt. Er selbst sei Ende 1944 mit 15 Jahren nach Sachsenhausen deportiert worden und habe dort nach kurzer Zeit im sogenannten Schuhläuferkommando quälende Zwangsarbeit leisten müssen, betonte der 92-Jährige aus Haifa in Israel: „Es ist sehr schwer, über solche Sachen zu reden.“ Mit seiner Aussage wolle er auch ein Zeichen setzen und deutlich machen, „wir Überlebenden sind hier und wollen Zeugnis ablegen“, sagte sein Anwalt Thomas Walther.

Dem Angeklagten wird Beihilfe zum Mord in mindestens 3.518 Fällen vorgeworfen (AZ: 11 Ks 4/21). Am Freitag sollen der psychiatrische Sachverständige, der seine Verhandlungsfähigkeit untersucht hat, und ein Nebenkläger aus Frankreich, Nachkomme eines Häftlings, als Zeugen angehört werden. Josef S. hatte sich am zweiten Prozesstag für unschuldig erklärt. In der Befragung hatte er sich zwar zu Kindheit und Armeezeit in Litauen, Kriegsgefangenschaft und der Zeit in der DDR geäußert, jedoch nicht zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft.