Gericht: Schlafkapsel mit niedrigem Melatoningehalt kein Arzneimittel

Gericht: Schlafkapsel mit niedrigem Melatoningehalt kein Arzneimittel

Münster, Wehrheim (epd). Gesundheits- und Nahrungsergänzungsmittel, die einen geringen Anteil des körpereigenen Schlafhormons Melatonin enthalten, unterliegen laut einer Gerichtsentscheidung keiner Rezeptpflicht. Kapseln, die 0,5 Milligramm Melatonin enthalten und von denen laut Verzehrempfehlung täglich zwei Stück eingenommen werden sollen, seien keine sogenannten Funktionsarzneimittel, heißt es in dem am Freitag veröffentlichten Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen in Münster (AZ: 13 A 1376/17). Die Auswirkungen auf die physiologischen Funktionen eines Menschen seien nicht nennenswert.

Das Oberverwaltungsgericht gab damit in einem Berufungsverfahren der Klage eines Unternehmen mit Sitz in Hessen statt, das unter dem Namen „Green Doc“ unter anderem Kapseln gegen innere Unruhe vertreibt, die jeweils 50 Milligramm Melissenextrakt und 0,5 Milligramm Melatonin enthalten. Nach Ansicht des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte in Bonn handelt es sich bei dem Produkt um ein zulassungspflichtiges Arzneimittel, das nicht frei verkäuflich angeboten werden darf.

Die Bundesbehörde argumentierte, dass die Einnahme von zwei Kapseln am Tag die Wirkung des Hormons Melatonin verstärke. Bis vor einigen Jahren war in Deutschland Melatonin nur auf Rezept erhältlich. Mittlerweile werden Produkte mit dem Hormon als Nahrungsergänzungsmittel ohne Rezept verkauft.

Das Verwaltungsgericht Köln hatte die Klage gegen die Entscheidung der Gesundheitsbehörde in erster Instanz noch abgewiesen. Nach Auffassung des 13. Senats des Oberverwaltungsgerichts ist die Argumentation des Bundesinstituts jedoch nicht ausreichend belegt. Nach Auswertung zahlreicher, sich teilweise widersprechender Studien und Gutachten bestehe aus wissenschaftlicher Sicht derzeit keine hinreichende Klarheit, ob die Aufnahme von einem Milligramm Melatonin am Tag nicht auch über in angemessener Menge verzehrte Lebensmittel möglich sei, erklärte der Senat.

Der Senat hat eine Revision nicht zugelassen. Gegen den Beschluss kann eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt werden.