Seehofer warnt vor Radikalisierung des "Querdenker"-Milieus

Seehofer warnt vor Radikalisierung des "Querdenker"-Milieus
Sicherheitsbehörden mehrerer Bundesländer zeigen sich besorgt über Gefahrenpotential von Corona-Leugner-Szene
Laut Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wird die "Querdenker"-Szene immer radikaler. Auch mehrere Bundesländer schlagen Alarm und beobachten eine wachsende Gewaltbereitschaft des Milieus.

Berlin, Essen (epd). Nach dem Mord an einem Studenten in Idar-Oberstein hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) vor einer Radikalisierung der so genannten Querdenker-Bewegung in Deutschland gewarnt. „Die politisch motivierte Gewalt in Deutschland durch “Querdenker„ ist gefährlich für unser Land“, sagte Seehofer der „Bild am Sonntag“. Die Gruppe der "Querdenker werde zwar immer kleiner, aber leider auch immer radikaler und brutaler. Auch die Sicherheitsbehörden mehrerer Bundesländer zeigen sich einer Umfrage zufolge sehr besorgt von der wachsenden Gewaltbereitschaft der Szene.

Seehofer forderte indessen harte Strafen für die Täter und auch deren Unterstützer: „Die Täter und diejenigen, die Verbrechen wie in Idar-Oberstein unterstützen, müssen hart bestraft werden.“

In Idar-Oberstein tötete am 18. September ein mutmaßlicher Maskenverweigerer einen 20-jährigen Tankstellen-Mitarbeiter mit einem Revolver. Der 49-jährige Tatverdächtige wollte ohne den in der Pandemie vorgeschriebenen Mund-Nasen-Schutz Bier kaufen. Darüber gab es laut Polizei zwischen ihm und dem späteren Opfer „eine kurze Diskussion“. Danach verließ der 49-Jährige den Angaben zufolge die Tankstelle, kam aber etwa eineinhalb Stunden später zurück und erschoss den Studenten. In seiner Vernehmung gab er laut Polizei an, er lehne die Anti-Corona-Maßnahmen ab. Die Tat löste bundesweit Entsetzen aus.

Desweiteren zeigen sich die Sicherheitsbehörden mehrerer Bundesländer einer Umfrage der Zeitungen der Funke Mediengruppe zufolge äußerst besorgt über das Gefahrenpotenzial, das von sogenannten Corona-Leugnern und der „Querdenker“-Szene ausgeht. Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein warnen vor einer Radikalisierung der Anti-Corona-Proteste, wie die Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag, Online/Montag, Print) berichteten. Auch Niedersachsen teilte mit, dass in der Szene von „Forderungen nach einem Regierungssturz“ die Rede sei. Das Landesamt für Verfassungsschutz in Baden-Württemberg sehe insbesondere ein Gefahrenpotenzial durch extremistische Verschwörungsideologien wie „QAnon“, die wiederum von zahlreichen Akteuren aus der „Querdenker“-Bewegung heraus gestreut würden, hieß es weiter.

Einzelne Innenbehörden sehen demnach zudem eine wachsende Gewaltbereitschaft in der Szene der „Corona-Leugner“. Brandenburg habe zum Beispiel im Jahr 2021 bisher 133 Straftaten, davon acht Gewaltdelikte, registriert, die im Zusammenhang mit der Pandemie verübt wurden (2020: 89 Straftaten, davon 13 Gewaltdelikte). In Nordrhein-Westfalen werden laut Innenministerium 14 „Querdenker“-Initiativen vom Verfassungsschutz beobachtet.

Die Innenministerien der Bundesländer wiesen in der Umfrage der Funke-Zeitungen aber auch daraufhin, dass sich an Versammlungen gegen die Corona-Auflagen auch nicht-radikale Menschen beteiligten. Die Thüringer Polizei erklärte, die Szene umfasse ein breites Spektrum, dass sich sowohl aus den bürgerlichen Schichten als auch aus Esoterikern, der rechten und linken Szene und der Reichsbürgerbewegung zusammensetze.