Heiner Geißler hat zum Reformationsjubiläum Jesus vermisst

Heiner Geißler hat zum Reformationsjubiläum Jesus vermisst
Foto: epd-bild / Hanno Gutmann
Der CDU-Politiker am 7. Juni 2007 während dem Kirchentag in Köln bei seinem Vortrag mit dem Titel 'Was würde Jesus heute sagen?'.
Heiner Geißler hat zum Reformationsjubiläum Jesus vermisst
In einem seiner letzten publizistischen Beiträge hat der frühere CDU-Politiker Heiner Geißler den Kirchen verpasste Chancen vorgeworfen.

In einem Beitrag für ein Buch zum Reformationsjubiläum, das am nächsten Montag erscheint, beklagt Geißler, beide Kirchen hätten in ihren ökumenischen Bemühungen auf eine "Revolution" verzichtet. Zudem beklagte er eine Fokussierung auf das Alte Testament, wodurch die Geschichte und Lehren Jesu in der Hintergrund geraten seien.

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"Ich habe Jesus auf dem Kirchentag und im Jubiläumsjahr vermisst", heißt es im Beitrag des am 12. September gestorbenen früheren CDU-Generalsekretärs. Das Buch "Reformation 2017 - eine Bilanz" enthält Artikel verschiedener Autoren, die sich mit den Feierlichkeiten auseinandersetzen.

Geißler schreibt darin, der Name Jesus habe im 500. Jahr nach dem überlieferten Thesenanschlag Martin Luthers (1483-1546), der die Reformation auslöste und die Kirche spaltete, keine Rolle gespielt. Auch im Kirchentagsprogramm hätte man bis auf zwei Ausnahmen den Namen Jesus vergeblich gesucht.

"Christen, die größten Global Player der Welt"

Stattdessen kritisierte Geißler die Plakate mit dem Motto des Kirchentags "Du siehst mich", die im Mai anlässlich der Großveranstaltung in Berlin und Wittenberg bundesweit zu sehen waren. Sie zeigten zwei große Comic-Augen auf orange-farbenen Hintergrund. Geißler vermutet darin ein "alttestamentarisches Gottesbild": "Gott als überdimensioniertes, allmächtiges und allwissendes Wesen, das seine Geschöpfe bis in den letzten Winkel des Lebens überwacht?"

Geißler, der selbst Priester werden wollte, beschäftigte sich vor allem in seinen letzten Lebensjahren verstärkt mit theologischen Themen und drängte die Kirchen, zusammenzurücken, um gemeinsam mehr für ein gerechtes Zusammenleben zu bewirken. In seinem Beitrag argumentierte er, zwei Milliarden Menschen würden sich zu Jesus bekennen. Die Christen seien die "größten Global Player der Welt". Die Führer der Kirchen könnten die treibende Kraft für eine neue gerechte Welt sein. Das sei auch im Sinne Luthers, dessen Denken und Handeln "damals wie heute" die herrschenden Maßstäbe auf den Kopf stellen würde. Auf diese Revolution hätten die Kirchen aber verzichtet.

Die evangelische Kirche hat anlässlich des 500. Reformationsjubiläums in einer Reihe von Veranstaltungen in diesem Jahr an ihre Ursprünge erinnert. Am Reformationstag (31. Oktober) endet das Jubiläumsjahr mit mehreren Festgottesdiensten und einem Festakt in Wittenberg.