Neuer Friedensvertrag in Kolumbien unterzeichnet

Neuer Friedensvertrag in Kolumbien unterzeichnet
Neue Chance für den Frieden in Kolumbien: Präsident Juan Manuel Santos und der Chef der Farc-Guerilla, Rodrigo Londoño Echeverri, unterzeichneten am Donnerstag in der Hauptstadt Bogotá eine überarbeitete Version des Friedensvertrags.

Bei der unspektakulären Zeremonie im Theater Colón waren Vertreter der Opferverbände, Parlamentarier, frühere Präsidenten und Botschafter mehrerer Staaten anwesend.

"Jetzt haben wir den endgültigen und mit allen Seiten diskutierten Friedensvertrag unterzeichnet", erklärte Santos. Er hoffe, dass das jahrzehntelange Blutvergießen in Kolumbien nun endlich vorüber sei, sagte der Präsident nach der Unterzeichnung.

"Dieser Friedensvertrag dient nicht der Durchsetzung von ideologischen oder politischen Positionen, sondern um der Gewalt endgültig ein Ende zu setzen", erklärte Rebellenchef Londoño. Das Publikum applaudierte während der Vertragsunterzeichnung und rief in Sprechchören: "Es ist gelungen!". Die konservative Oppositionspartei CD (Centro Democrático) von Ex-Präsident Álvaro Uribe lehnte eine Teilnahme an der Zeremonie ab.

Menschenrechtler weisen auf Zunahme von Gewalttaten hin

Trotz des Friedensschlusses sind die Erwartungen in Kolumbien gedämpft. Die starke Rechtsopposition mobilisiert schon gegen das Abkommen und Gewalttaten nehmen wieder zu. Die erste Fassung des Abkommens hatte die Bevölkerung bei einem Referendum mit knapper Mehrheit abgelehnt. Im Zuge des Dialogs, den Santos daraufhin mit der rechtskonservativen Opposition um Uribe aufnahm, wurden zahlreiche Passagen des Abkommens überarbeitet.

Die Gegner monieren vor allem ein zu geringes Strafmaß für Kriegsverbrechen, die Zusage von Parlamentssitzen für ehemalige Kämpfer und die Umverteilung von Land im Rahmen einer Agrarreform. Der neue Vertragstext sieht nun in bestimmten Fällen härtere Strafen vor und die Nutzung des Farc-Vermögens für die Entschädigung von Opfern.



Uribe und anderen war das jedoch nicht genug. Mehrere Punkte seien nicht berücksichtigt worden, erklärten sie und brachen den Dialog ab. "Wir werden im Kongress und auf der Straße gegen das Vorgehen der Regierung mobilisieren", kündigten die Gegner des Friedensvertrags an.

Menschenrechtler weisen unterdessen darauf hin, dass in mehreren Landesteilen die Gewalttaten wieder zunehmen. Mehrere Menschenrechtsaktivisten wurden in den vergangenen Tagen ermordet. Auch zwei Guerilleros kamen bei neuen Gefechten ums Leben.

Statt eines erneuten Referendums soll nach dem Willen von Santos der Kongress kommende Woche den Friedensvertrag formal verabschieden. Uribe bezeichnete dies als "Schlag gegen die Demokratie" und regte an, vor einer solchen Abstimmung Neuwahlen auszurufen. Die Regierungskoalition und linke Parteien, die den Friedensschluss unterstützen, haben im Kongress eine deutliche Mehrheit.

Mehr als drei Jahre Friedensverhandlungen

Die zuvor höchst kritische Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) sprach sich in einem offenen Brief an Santos für den neuverhandelten Text aus. Das Dokument spreche eine deutlichere Sprache und weise wichtige Veränderungen auf, sagte HRW-Direktor für Amerika, José Miguel Vivanco. Er hob hervor, dass jetzt sichergestellt sei, dass im Fall von Kriegsverbrechen in erster Linie die Befehlshaber und nicht nur die Ausführenden zur Verantwortung gezogen würden.

Seit mehr als drei Jahren verhandeln Regierung und Farc über die Beendigung des Konflikts, der vor mehr als 50 Jahren begonnen hatte. Santos erhielt in diesem Jahr dafür den Friedensnobelpreis.

Der Krieg zwischen Guerillagruppen, Staat und rechtsextremen Paramilitärs in Kolumbien entzündete sich in den 60er Jahren an Landkonflikten und sozialer Ungerechtigkeit. Rund 340.000 Menschen wurden getötet, 80 Prozent von ihnen Zivilisten. Mindestens sieben Millionen Kolumbianer wurden aus ihren Dörfern vertrieben.