"Berliner Zeitung" und "Berliner Kurier" rücken zusammen

"Berliner Zeitung" und "Berliner Kurier" rücken zusammen
Seit Tagen war damit gerechnet worden, nun ist es offiziell: "Berliner Zeitung" und "Berliner Kurier" werden künftig gemeinsam produziert. Eigner DuMont hofft auf eine ökonomische Wende, viele Mitarbeiter sind frustriert.
27.10.2016
epd
Von Jens Büttner (epd)

Berlin/Köln (epd). Sorge und Skepsis bei Beschäftigten und Gewerkschaften, Hoffnung auf wirtschaftliche Gesundung beim Verlag: Die traditionsreiche "Berliner Zeitung" und das Boulevardblatt "Berliner Kurier" sollen künftig in ein- und derselben Redaktion produziert werden. Die DuMont Mediengruppe stellte am Donnerstag ihre Pläne für einen Neuanfang bei den beiden Blättern vor. Kernpunkt ist der Aufbau eines neuartigen integrierten Newsrooms. Insgesamt sind den Angaben zufolge dort 50 Stellen weniger vorgesehen als in den bisherigen Redaktionen.

In der neuen Berliner Newsroom GmbH sollen künftig die Stärken beider Zeitungen gedruckt wie digital verzahnt werden, erklärte die DuMont Mediengruppe. Zuvor hatten die drei neuen Chefredakteure Jochen Arntz, Elmar Jehn und Thilo Knott die Pläne den Mitarbeitern vorgestellt. Für den Umbau verlässt die "Berliner Zeitung" den traditionellen Standort am Alexanderplatz. Die Arbeit am neuen Standort in Berlin-Kreuzberg solle zum 1. November starten. Der Aufbau des neuen Newsrooms solle schrittweise bis voraussichtlich Mitte 2017 erfolgen.

140 Stellen vorgesehen

DuMont-Aufsichtsrat Hans Werner Kilz sagte, entweder würden "Berliner Zeitung" und "Berliner Kurier" noch "zwei Jahre beim Niedergang" begleitet oder es werde ein Neuanfang gewagt. Das erfordere die Offenheit, "Strukturen gänzlich und mitunter radikal neu zu denken". Er fügte hinzu: "Nur wenn dieser Neuanfang gelingt, können wir unseren publizistischen Auftrag sicherstellen." Im neuen Newsroom sind 140 Stellen vorgesehen, in der Summe 50 Stellen weniger als in den bisherigen Redaktionen.

Scharfe Kritik an den Umbauplänen kam von Betriebsrat und Redaktionsausschuss sowie von Gewerkschaften. Die Betriebsratsvorsitzende Renate Gensch sprach von einer "knallharten Sanierung" statt des angekündigten Neuanfangs. Jeder dritte Beschäftigte in den beiden Redaktionen solle seine Arbeit verlieren. Für die verbleibenden Mitarbeiter würden sich die Arbeitsbedingungen drastisch verschlechtern. Redaktionsausschuss-Sprecher Frederik Bombosch sagte, mit den Umbauplänen werde die Zukunft der Redaktion gefährdet.

Auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) sprach von einem "Desaster für die betroffenen Journalisten". Die Kollegen würden einem unerträglichen Druck ausgesetzt, weil sich jeder für den Newsroom bewerben müsse. Einen Kahlschlag nannte die Gewerkschaft ver.di die Pläne. Auch rechnen die Gewerkschaften damit, dass der Umbau in Berlin erst der Auftakt für Kürzungen auch bei "Kölner Stadtanzeiger" und "Express" ist.

Bürgermeister Müller besorgt

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) reagierte ebenfalls besorgt. Er erwarte, dass für die Mitarbeiter ein guter und sozial verträglicher Weg gefunden werde. Müller unterstrich: "Der heute angekündigte radikale Schnitt darf auf keinen Fall zum Einstieg in den Ausstieg des Kölner Hauses aus dem Berliner Zeitungsmarkt führen und erst recht nicht der Anfang vom Ende der beiden renommierten Zeitungen mit ihrer spezifischen Tradition sein."

Vertreter der künftigen Berliner Koalitionäre äußerten Solidarität mit den Beschäftigten. SPD, Linke und Grüne - die gerade über ein neues Regierungsbündnis in Berlin verhandeln - erklärten gemeinsam, die zwei Blätter seien aus der Presselandschaft der Hauptstadt nicht wegzudenken. "Von einem Medienunternehmen wie DuMont erwarten wir, dass es in gute Arbeit investiert, anstatt Arbeitsplätze abzubauen", erklärten die Fraktionsvorsitzenden der drei Parteien.

Die DuMont Mediengruppe erzielte im Jahr 2015 einen Gewinn von 10,3 Millionen Euro. Der Umsatz stieg 2015 um rund sieben Millionen Euro auf 546 Millionen Euro. Im Anzeigengeschäft gab es allerdings einen Rückgang um 6,8 Prozent.