Merkel: Mediennutzer über Algorithmen aufklären

Merkel: Mediennutzer über Algorithmen aufklären
Die 30. Münchner Medientage nehmen das Thema künstliche Intelligenz in den Blick. Kanzlerin Merkel forderte mehr Transparenz bei der Verwendung von Algorithmen. Am Eröffnungstag war aber auch der Umgang von Journalisten mit Social Media ein Thema.

München (epd). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) fordert eine größere Transparenz bei den Algorithmen, die Internetdienste bei der Filterung von Informationen verwenden. Die Mediennutzer müssten Auskunft darüber erhalten können, nach welchen Kriterien dort sortiert werde, sagte Merkel am Dienstag zur Eröffnung der Medientage München. Bereits im Schulunterricht müsse ansatzweise Programmierung gelehrt werden, "damit man versteht, wie Algorithmen funktionieren".

Zustand der Medienfreiheit gelobt

Die künstliche Intelligenz sei eines der Kernthemen der Zukunft, sagte die Kanzlerin. Neben der neuen Technik müsse es aber weiterhin auch um Qualität und Vielfalt gehen. Dies sei für eine kritische und informierte Bürgerschaft unerlässlich. Die fast unübersehbare Zahl an Informationen im Internet biete auch große Chancen für den klassischen Journalismus: Wer die unterschiedlichen Einzelteile zusammensetze und ein Gesamtbild liefere, könne die Nutzer auf Dauer überzeugen und ein Anker werden, sagte Merkel.

Die Bundeskanzlerin lobte den Zustand der Medienfreiheit in Deutschland. "Wir haben Pressefreiheit mit einer der mannigfaltigsten Medienlandschaften der Welt", sagte sie. Ein Blick ins Ausland zeige, dass diese Situation keinesfalls selbstverständlich sei. Merkel würdigte in diesem Zusammenhang den Auslandssender Deutsche Welle (DW), der rund um den Globus gute Arbeit leiste. Die DW wird aus Bundesmitteln finanziert.

Armin Wolf, Vize-Chefredakteur TV-Information beim ORF in Wien, wies in einem Referat auf einen grundlegenden Wandel des Begriffs der Pressefreiheit hin. Heute sei Pressefreiheit nicht mehr die vielzitierte Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten, sondern die "Freiheit von drei Milliarden Menschen mit Online-Zugang, ihre Meinung ins Netz zu stellen". Eine wichtige Aufgabe für Journalisten sei es daher inzwischen auch, Meldungen zu falsifizieren.

Medien sollten Social-Media-Kanäle einsetzen, um den Nutzern zu zeigen, "dass es außer Unsinn und Propaganda noch etwas anderes gibt", sagte Wolf. Journalisten müssten "aufklärerisch und mit offenem Blick" den demokratischen Diskurs sicherstellen und interessegeleiteter Kommunikation entgegentreten.

Über eigene Medienkanäle in die Öffentlichkeit

Der Digitalchef der "Süddeutschen Zeitung", Stefan Plöchinger, sagte in einer Diskussionsrunde, Parteien und andere Lobbygruppen drängten zunehmend über eigene Medienkanäle in den öffentlichen Diskurs. "Journalisten müssen diesen Prozess begleiten, dekonstruieren und eine eigene Stimme darin haben", forderte er. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass manche Menschen mit den traditionellen journalistischen Produkten nicht mehr erreicht würden.

Die Medientage München, die zum 30. Mal stattfinden, stehen in diesem Jahr unter dem Motto "Mobile & Me - Wie das Ich die Medien steuert". Bis Donnerstag werden sich rund 400 Referenten in etwa 90 Veranstaltungen mit Themen wie Künstlicher Intelligenz und Industrie 4.0, Virtual Reality, Frauen in Medienberufen und Start-ups beschäftigen. Die Organisatoren rechnen mit mehr als 6.000 Teilnehmern. Veranstalter des Kongresses sind unter anderem der Freistaat Bayern und die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM).