Sterbehilfe für Minderjährigen in Belgien stößt auf Kritik

Sterbehilfe für Minderjährigen in Belgien stößt auf Kritik
Sterbehilfe für Minderjährige ist in Belgien seit 2014 erlaubt. Nun ist der erste Fall bekanntgeworden. Die katholische Kirche und Verbände äußern Bedauern und Kritik an der Regelung.

Brüssel (epd). Die katholische Kirche in Belgien kritisiert den ersten bekannten Fall von Sterbehilfe für Minderjährige. "Wir bedauern tief, dass es dazu gekommen ist", sagte der Sprecher der belgischen Bischofskonferenz, Tommy Scholtes, am Montag dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Brüssel. Am Ende des Lebens bedürfe es statt Sterbehilfe vielmehr einer "guten Antwort", die darin bestehe, auch minderjährige Kranke palliativmedizinisch zu versorgen, sagte der Jesuit. Kritik an dem Fall kam vom Deutschen Hospiz- und Palliativverband.

Der Fall war am Wochenende durch belgische Medienberichte bekanntgeworden. Zitiert wurde der Vorsitzende der föderalen Kontrollkommission für die Sterbehilfe, der Arzt Wim Distelmans, der allerdings keine genauere Angaben zu dem Fall machte. Der Sprecher der Bischofskonferenz, Scholtes, sagte, seines Wissens handele es sich nicht um ein kleines Kind, sondern um eine 17-jährige Person.

"Gegen die Schwächsten der Gesellschaft"

Der Deutsche Hospiz- und Palliativverband (DHPV) verurteilte den Fall als "Skandal": "Kinder und Jugendliche brauchen besonderen Schutz, auch und gerade, wenn sie schwer krank sind. Ihre Tötung kann niemals eine Lösung sein", sagte DHPV-Geschäftsführer Benno Bolze. Aktive Sterbehilfe bei einem Kind sei eine Entscheidung gegen die Schwächsten der Gesellschaft. "Sie widerspricht jeglicher Vorstellung von Mitmenschlichkeit. Die Gesellschaft muss dafür Sorge tragen, dass den betroffenen Kindern und Jugendlichen umfangreiche Hilfen und Unterstützung der Hospiz- und Palliativversorgung gegeben werden, aber keine aktive Sterbehilfe", erklärte Bolze. Der DHPV vertritt die Interessen zahlreicher Hospiz- und Palliativeinrichtungen.

Das belgische Gesetz zur Sterbehilfe für Minderjährige war nach scharfen Debatten im Februar 2014 verabschiedet worden und kurz darauf in Kraft getreten. Es sieht hohe Hürden vor. Der oder die Minderjährige muss selbst den Wunsch zur Sterbehilfe äußern und die Eltern müssen zustimmen. Die Betroffenen müssen unheilbar krank sein und unter "unerträglichen" Schmerzen leiden. Ein Mindestalter gibt es nicht, den Minderjährigen muss aber "Urteilsfähigkeit" bescheinigt werden. Sterbehilfe für Erwachsene ist in Belgien schon seit 2002 erlaubt.

Die katholische Kirche und andere Organisationen hatten das Gesetz schon 2014 kritisiert. Es gehe jetzt aber nicht darum, "jemanden zu verurteilen", sagte der Bischofskonferenz-Sprecher. Schließlich sei die Praxis nun erlaubt. Davon abgesehen seien die Umstände des Falles der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. Dass es sich um einen Präzedenzfall handele, der eine größere Zahl von Sterbehilfe-Fällen bei Minderjährigen auslösen könne, glaube er nicht, sagte Scholtes.