Keine Feiern zum 25. Jahrestag der EKD-Wiedervereinigung

Das neu gewählte gesamtdeutsche Präsidium und Synodale am 30.06.1991 bei der Verabschiedung einer Erklärung zur sozialen Situation in Ostdeutschland.
Foto: epd-bild/Norbert Neetz
Das neu gewählte gesamtdeutsche Präsidium und Synodale am 30.06.1991 bei der Verabschiedung einer Erklärung zur sozialen Situation in Ostdeutschland.
Keine Feiern zum 25. Jahrestag der EKD-Wiedervereinigung
Am 3. Oktober hat die Bundesrepublik groß gefeiert: 25 Jahre deutsche Einheit. Dagegen macht die Evangelische Kirche in Deutschland um das Jubiläum ihrer Wiedervereinigung Ende Juni kein Aufheben.

Seit 25 Jahren ist die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) wieder vereint. Am 28. Juni 1991 trat im fränkischen Coburg die erste gesamtdeutsche Synode nach der Teilung zusammen: 120 Vertreter aus dem Westen und 40 aus dem Osten gehörten dem Kirchenparlament an. Mit einem Handschlag besiegelten der EKD-Ratsvorsitzende Martin Kruse und Rosemarie Cynkiewicz, die Synodenpräses des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR (BEK), symbolisch die Verbindung. Am Tag zuvor war ein Kirchengesetz in Kraft getreten, das die die Trennung beendete.

Bereits bald nach dem Mauerfall im November 1989 hatte die evangelische Kirche auf die Einheit zugearbeitet. Schon im Januar 1990 trafen sich in der Evangelischen Akademie Loccum bei Hannover Beauftragte von EKD und Kirchenbund. "Die besondere Gemeinschaft der evangelischen Christenheit in Deutschland ist trotz der Spaltung des Landes und der organisatorischen Trennung der Kirche lebendig geblieben", hieß es in ihrer Loccumer Erklärung, in der sie zur raschen Überwindung sowohl der kirchlichen als auch der staatlichen Teilung aufriefen.

Seit dem Mauerbau 1961 hatte keine gemeinsame Synode der EKD mehr getagt. 1969 dann schlossen sich die acht Landeskirchen in der DDR zu ihrem Kirchenbund zusammen. Doch weiterhin bestand quer durch den eisernen Vorhang ein dichtes Netz an Kontakten zwischen Christen in Ost und West, zwischen Gemeinden und Landeskirchen. Die Brücke blieb stabil, auch wenn sich der kirchliche Alltag deutlich unterschied: In der Bundesrepublik war die protestantische Volkskirche vielfältig eingebunden in die Strukturen der Demokratie. In der DDR dagegen wuchs die staatliche Repression, die die Protestanten an den Rand der Gesellschaft drängte. Die Kirche bot Schutzraum für Gläubige - und für die Opposition, was letztlich zum Ende der DDR beitrug.

"Nüchtern und dankbar"

Die Kirchenfunktionäre hatten in Loccum beteuert, mit den "während der Zeit der Trennung gewachsenen Erfahrungen und Unterschieden" sorgsam umgehen zu wollen. Ihr klares Votum zur raschen Vereinigung blieb nicht unwidersprochen: In einer Berliner Erklärung äußerten prominente Theologen im Februar 1990 Bedenken, und im November stritt die westdeutsche EKD-Synode in Timmendorfer Strand noch einmal über das Für und Wider. Doch die Dynamik der Geschichte beeinflusste auch die Protestanten: Seit Juli 1990 gab es bereits eine gemeinsame Währung, seit dem 3. Oktober nur noch einen Staat. 

Im Februar 1991 tagten die beiden Kirchenparlamente letztmalig getrennt in Berlin: die EKD in Spandau, der Kirchenbund in Weißensee. Im Osten kochten noch einmal Emotionen hoch: Von "Eingliederung und Anschluss" war die Rede. Letztlich stimmten aber beide Synoden mit großer Mehrheit für das Kirchengesetz zur Vereinigung. Nach der Ratifizierung durch die östlichen Landessynoden trat im Juni in Coburg die neue EKD-Synode gesamtdeutsch zusammen - "nüchtern und dankbar" vereint, wie ihr Vorsitzender Jürgen Schmude resümierte.

"Wir werden aufrichtig miteinander streiten müssen, welche Gestalt unsere Kirche haben muss", gab die ehemalige Ost-Präses Cynkiewicz dem gemeinsamen Kirchenparlament mit auf den Weg. In den folgenden Jahren wurde vor allem über Fragen des Verhältnisses von Kirche und Staat debattiert: den Religionsunterricht, die Einführung der Kirchensteuer und - besonders heftig - um die gesamtdeutsche Organisation der Militärseelsorge. Hier bedurfte es einer Übergangszeit bis Ende 2003.

Pfarrer Axel Noack, der spätere Bischof in Magdeburg, erinnert sich heute, dass auch theologische Unterschiede zwischen Ost und West deutlich geworden sind. "Wir aus dem Ostern haben auf manche im Westen ja exotisch gewirkt. Wir sind politisch-ethisch oft links und zugleich fromm gewesen", sagte er der Zeitschrift "zeitzeichen". Die EKD wuchs 1991 nicht nur von 16 auf 24 Landeskirchen mit 29,2 Millionen Mitgliedern, sie veränderte sich auch. Als ein Beispiel führt Noack an, die lang umstrittene Soldatenseelsorge sei "viel kirchlicher geworden, als sie es in der alten Bundesrepublik war".

Im Gegensatz zum Staat, der das silberne Jubiläum seiner Einheit am 3. Oktober groß feierte, begehen die Protestanten den 25. Jahrestag ihrer Wiedervereinigung ohne Aufheben. "Das ist für uns kein großes Thema mehr", sagt Irmgard Schwaetzer, die heutige Präses der Synode: "Wir sind eins."