Wissenschaftlerin kritisiert "Flut der Nachrichten" über Flüchtlinge

Wissenschaftlerin kritisiert "Flut der Nachrichten" über Flüchtlinge
Die Journalistikprofessorin Friederike Herrmann wirft den Medien vor, in der Flüchtlingsdiskussion unreflektierten Verlautbarungsjournalismus zu betreiben.

Journalisten übernähmen die in Politik und Gesellschaft vorherrschenden Erzählmuster, ohne diese kritisch zu hinterfragen, schreibt Herrmann, die an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt lehrt, in einem Beitrag für den Fachdienst "epd medien".

Im Herbst 2015 hätten die Medien so "das Bild einer heillos überforderten deutschen Gesellschaft" transportiert, "die einer unkalkulierbaren und unbeherrschbaren Gewalt von außen" ausgesetzt sei. "Tatsächlich überrollt aber wurden die Bürger in dieser Zeit vom Strom der Berichterstattung", analysiert Herrmann. Die schiere Flut der Nachrichtenbeiträge verursache ein Gefühl der Überforderung, auch wenn es den Alltag der Zuschauer und Zuschauerinnen nicht spiegele.



Das von den Medien verbreitete Erzählmuster mache das Flüchtlingsthema zum deutschen Problem. "Es spielt auf der deutschen Bühne, alle wichtigen Protagonisten der Erzählung sind deutsche Politiker", schreibt Herrmann. Das wecke die Illusion, dieses Problem sei in Deutschland lösbar. "Die Flüchtlinge haben in dieser Erzählung kein Gesicht und keine Geschichte." Andere Länder spielten nur noch insofern eine Rolle, als sie zur Lösung des deutschen Problems beitragen oder nicht. Populistische Forderungen wie Grenzschließungen, Transitzonen und Zurückschicken der Flüchtlinge erschienen dadurch als nachhaltige Lösung, kritisiert Herrmann.

Zwar sei dieses Erzählmuster der Flüchtlingsdebatte nicht von den Medien erdacht. "Aber sie transportierten und verbreiteten es", schreibt die Medienwissenschaftlerin. "Wünschenswert wäre ein kritischer und aufklärerischer Journalismus, der solche Narrative in den öffentlichen Diskursen identifiziert" um sie so in ihrer Wirkung einzuschränken, fordert Herrmann.