Höchststand rechter Gewalt

Höchststand rechter Gewalt
Fast 23.000 politisch motivierte Straftaten weist die Statistik für 2015 aus. Besonders stark stieg die Zahl rechtsextremer Gewalt. Die Polizeistatistik zeigt auch: Flüchtlinge machen das Land weder krimineller noch unsicherer.

Berlin (epd). Die Zahl rechtsextrem motivierter Straf- und Gewalttaten hat im vergangenen Jahr einen Höchststand erreicht. Wie aus der am Montag in Berlin vorgestellten Statistik politisch motivierter Kriminalität hervorgeht, registrierte die Polizei 2015 bundesweit fast 23.000 rechte Straftaten - ein Plus von rund 35 Prozent. Als besonders besorgniserregend beurteilte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) den Anstieg rechter Gewalttaten um 44 Prozent auf 1.485 (2014: 1.029).

Seit der Erfassung im Jahr 2001 habe es noch nie so viele Fälle politisch motivierter Straf- und Gewalttaten gegeben. Auch für 2016 sei leider kein Rückgang zu erwarten, sagte de Maizière. Allein im ersten Quartal zählten die Sicherheitsbehörden schon wieder 347 Angriffe auf Asylunterkünfte.

Mehr Angriffe auf Flüchtlinge und Unterkünfte

Bei politisch motivierter Kriminalität insgesamt weist die Statistik einen Anstieg um 19 Prozent auf insgesamt knapp 39.000 Fälle aus. Auch die Zahl links motivierter Delikte ist demnach 2015 gestiegen. In diesem Bereich wurden 9.605 Straftaten (2014: 8.113) und 2.246 Gewalttaten (2014: 1.664) gezählt - im Mittelpunkt stehen dabei Angriffe auf Polizisten. Um gut 20 Prozent zurückgegangen ist der Anteil der politisch motivierten Ausländerkriminalität (2.025 Fälle).

Besonders zugenommen haben 2015 Angriffe auf Flüchtlinge und deren Unterkünfte. Laut der Statistik, die de Maizière gemeinsam mit dem Vorsitzenden der Innenministerkonferenz, Klaus Bouillon (CDU), vorstellte, wurden 1.031 Angriffe gezählt - fünfmal so viele wie 2014. 90 Prozent davon waren rechtsmotiviert. Die Gewalttaten gegen Flüchtlinge summierten sich auf 199 (2014: 28), davon waren vier versuchte Tötungen.

"Zu niedrig" nannte de Maizière die Aufklärungsquote bei diesen Fällen in Höhe von 26 Prozent. Allerdings dauere die Aufklärung teilweise Monate, auch weil die Täter der Polizei oder dem Verfassungsschutz oftmals nicht bekannt seien, erklärte der Innenminister. Knapp die Hälfte aller bislang ermittelten Tatverdächtigen sei vorher polizeilich nicht in Erscheinung getreten. 90 Prozent der mutmaßlichen Täter seien männlich und lebten in Tatortnähe. Auch die Hetze im Internet schlägt sich in der Polizeistatistik nieder: Die Zahl der Straftaten im Zusammenhang mit Hasspostings stieg von rund 1.100 im Jahr 2014 auf 3.100 im vergangenen Jahr.

5,9 Millionen erfasste Delikte

De Maizière und Bouillon legten am Montag auch die allgemeine Kriminalstatistik vor. Die Gesamtzahl erfasster Delikte lag demnach bei rund 5,9 Millionen und bewegte sich damit auf dem Niveau des Vorjahres. Herausgerechnet wurden dabei ausländerrechtliche Verstöße wie illegale Einreise. Aufgrund der hohen Zahl von Flüchtlingen, die sich in aller Regel einer illegalen Einreise schuldig machten, hätte dies sonst das Bild über die Sicherheit im Lande verzerrt, erklärte die Maizière. Die Polizei registrierte 2015 mehr als 400.000 ausländerrechtliche Verstöße.

Flüchtlinge machten das Land nicht unsicherer, sagte die Linken-Innenpolitikerin Ulla Jelpke mit Verweis auf das gleichbleibende Niveau aller Straftaten. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter erklärte, die Statistik belege eigene Erhebungen, wonach Kriegsflüchtlinge in nur sehr geringer Größenordnung straffällig würden, dann oftmals im Bereich von Bagatellkriminalität.

De Maizière erklärte, Syrer fielen bei Kriminalität unterdurchschnittlich oft auf, Menschen aus den Balkan- oder Maghrebstaaten dagegen überdurchschnittlich. Schwerpunkt der Kriminalität in Deutschland bleiben Diebstahl und Wohnungseinbrüche. In beiden Bereichen gab es einen Anstieg der Fallzahlen. Zurückgegangen ist de Maizière zufolge dagegen die Zahl von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, darunter auch Vergewaltigung und Missbrauch von Kindern.