Türkei: ARD-Korrespondent Schwenck aus Sicherheitsgründen festgesetzt

Türkei: ARD-Korrespondent Schwenck aus Sicherheitsgründen festgesetzt
Volker Schwenck habe keine Akkreditierung für die Türkei besessen: So lautet die offizielle Erklärung Ankaras für die Festsetzung des ARD-Korrespondenten. Allerdings hat der Reporter diese laut SWR bei früheren Einreisen auch nie gebraucht.

Berlin/Stuttgart (epd) Einen Tag nach der Festsetzung des ARD-Korrespondenten Volker Schwenck in Istanbul hat die Türkei ihr Vorgehen mit Sicherheitsbedenken begründet. Schwenck habe keine Presseakkreditierung für die Türkei besessen, sagte der stellvertretende Ministerpräsident am Mittwoch nach einem Bericht des Senders CNN-Türk. In Deutschland wuchs die Kritik am harten Kurs der türkischen Behörden gegen Journalisten. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte, das Land habe "ganz offensichtlich ein gebrochenes Verhältnis zur Pressefreiheit". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) müsse bei ihrem bevorstehenden Türkei-Besuch das Thema ansprechen, forderte Oppermann im ARD-"Morgenmagazin". Schwenck war am Dienstag knapp zwölf Stunden am Flughafen Istanbul lang festgehalten worden, ihm wurde die Einreise verweigert.

Sender liegt keine Begründung vor

Der Südwestrundfunk, bei dem Schwenck angestellt ist, räumte ein, dass der Leiter des ARD-Studios Kairo keine Akkreditierung für die Türkei habe. Allerdings habe Schwenck diese bei mehreren Einreisen in der Vergangenheit auch nie benötigt, sagte ein SWR-Sprecher dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Korrespondent sei zwischen 2013 und 2015 mehrfach im türkisch-syrischen Grenzgebiet gewesen und im Januar 2015 mit Erlaubnis des türkischen Gouverneurs in die syrische Stadt Kobane eingereist. Dem Sender liege nach wie vor keine Begründung für Schwencks Festsetzung vor, erklärte der Sprecher am Mittwochnachmittag.

Oppermann sagte, die innere Pressefreiheit in der Türkei sei bedroht. Jetzt werde auch noch die internationale Berichterstattung behindert. Dass Präsident Recep Tayyip Erdogan allein 2.000 Strafverfahren gegen Oppositionspolitiker in der Türkei wegen Beleidigung angestrengt habe, zeige sein Vorgehen gegen Andersdenkende. Wenn Merkel am Wochenende in die Türkei fährt, müsse sie Erdogan klarmachen, dass das so kann nicht weitergehen könne, sagte der SPD-Politiker.

Reporter wollte mit Flüchtlingen sprechen

Schwenck verlangte nach seiner Rückkehr nach Ägypten am Dienstagabend eine rasche Klärung des Vorfalls. Ihm sei kein genauer Grund für die Festsetzung genannt worden, sagte er am Dienstagabend in den ARD-"Tagesthemen". Zuvor hatte er getwittert, ihm sei von den türkischen Behörden mitgeteilt worden, es gebe einen Vermerk zu seinem Namen. Kollegen in Istanbul hätten herausgefunden, dass es offenbar "irgendetwas mit Grenzverletzung zu tun" habe.

Laut SWR hatte Schwenck von Istanbul aus weiter in das türkisch-syrische Grenzgebiet reisen wollen, um dort mit syrischen Flüchtlingen zu sprechen. Für die Berichterstattung aus Syrien sei es absolut notwendig, in die Türkei reisen zu können, sagte Schwenck in dem Telefoninterview mit "Tagesthemen"-Moderatorin Caren Miosga.

Der Chefredakteur von ARD aktuell, Kai Gniffke, äußerte sich erleichtert über die Rückkehr Schwencks nach Kairo. Zugleich sei man jedoch sehr betrübt darüber, dass der Reporter seiner Arbeit nicht uneingeschränkt nachgehen könne, sagte Gniffke am Mittwoch nach der ARD-Hauptversammlung in Potsdam. Man überlege nun, welche weiteren Schritte nötig und möglich seien, um die Berichterstattung aus dem Grenzgebiet zu Syrien aufrecht zu erhalten. Schwenck sei sich keiner Verfehlung bewusst.

Die Journalistenorganisation "Reporter ohne Grenzen" monierte, dass die Repressionen gegen Journalisten in der Türkei weiter zugenommen hätten. Auf der Rangliste der Pressefreiheit rutschte das Land in diesem Jahr um zwei Plätze auf Rang 151 von 180 Staaten ab.