Kongo-Prozess: Urteil über Milizenchef und Stellvertreter erwartet

Kongo-Prozess: Urteil über Milizenchef und Stellvertreter erwartet
Nach mehr als vier Jahren geht in Stuttgart der Mammutprozess um Kriegsverbrechen im Kongo zu Ende.

Am Montag soll vor dem Oberlandesgericht das Urteil über den Hutu-Milizenchef Ignace Murwanashyaka und seinen früheren Stellvertreter Straton Musoni gesprochen werden. Die Staatsanwaltschaft fordert lebenslange Haft für den 52-jährigen Hauptangeklagten und zwölf Jahre Haft für den 54-jährigen Musoni. Die Verteidigung hingegen plädiert auf Freispruch für die beiden Angeklagten, die alle Vorwürfe zurückweisen.

Die Männer aus Ruanda sollen von Mannheim und Neuffen (Kreis Esslingen) aus per Satellitentelefon, SMS und E-Mail die Rebellenorganisation FDLR geführt haben. Die Bundesanwaltschaft lastet Murwanashyaka fünf Massaker im Jahr 2009 im Kongo an, bei denen etwa 200 Zivilisten getötet wurden. Der Vorwurf lautet auf Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Rädelsführerschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung. Nach Zeugenaussagen spielte Musoni eine untergeordnete Rolle.

Es ist der erste Prozess in Deutschland nach dem 2002 eingeführten Völkerstrafgesetzbuch. Darin wurde die Verantwortung von Vorgesetzten verschärft: Sie können auch dann zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie die systematische Gewalt ihrer Untergebenen nicht stoppen. Der Senat steht vor einer besonders schwereren Aufgabe: Er muss beurteilen, was damals im rund 6.000 Kilometer entfernten Ostkongo passiert ist und wie groß Murwanashyakas Macht in der FDLR war.

Mehr als vier Jahre und fast 320 Sitzungstage lang hat das Gericht Puzzleteile zusammengetragen. Einige Zeugen wurden aus Ruanda eingeflogen oder per Videovernehmung ins Gericht geholt. Manche sagten an bis zu zwölf Verhandlungstagen aus. Die Prozessbeteiligten studierten mehr als 230 Dokumente, Filme, Karten und Telefonate. Nach Hochrechnung des Oberlandesgerichts kostet jeder Verhandlungstag rund 15.000 Euro. Damit summiert sich der Prozess auf rund 4,8 Millionen Euro.