Zerwürfnis zwischen deutschen Islamverbänden

Zerwürfnis zwischen deutschen Islamverbänden
Ditib erhebt Vorwürfe gegen Zentralrats-Vorsitzenden
Im Koordinationsrat der Muslime herrscht dicke Luft. Dem Chef des Zentralrats der Muslime wird vorgeworfen, er lasse die anderen Islamverbände beim Thema Antisemitismus schlecht aussehen. Die Ditib spricht von Vertrauensbruch.

Im Koordinationsrat der Muslime wird offenbar vehement über die Außendarstellung der Haltung zum Antisemitismus gestritten. Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) erhob in einer am Montag in Köln verbreiteten Erklärung schwere Vorwürfe gegen den Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, der einen Vertrauensbruch verursacht habe. Mazyek vermittle durch sein Verhalten den Eindruck, die im Koordinationsrat vertretenen Verbände seien mit Ausnahme des Zentralrats "bei dem Thema Antisemitismus unkritisch oder unsensibel".

Ditib-Generalsekretär Bekir Alboga bemühte sich anschließend auf Anfrage des Evangelischen Pressedienst (epd) um mäßigere Töne: "Es ist kein Streit, sondern eine Klarstellung, damit kein falscher Eindruck entsteht", sagte er. Wichtig sei, dass auch die Ablehnung des Antisemitismus durch die drei anderen Verbände im Koordinationsrat wahrgenommen werde.

Erol Pürlü vom Verband der Islamischen Kulturzentren, derzeit Sprecher des Koordinationsrates, sieht angesichts des Konflikts Handlungsbedarf. "Wir müssen vertrauensstärkende Maßnahmen diskutieren innerhalb des Koordinationsrates", sagte er dem epd. Mazyek konnte auf epd-Anfrage wegen einer Auslandsreise nicht unmittelbar zu dem Vorwurf Stellung beziehen.

Auslöser des Streits war eine Teilnahme des Zentralratsvorsitzenden an einer Demonstration gegen Antisemitismus am 14. September in Berlin. Die "Frankfurter Rundschau" hatte kürzlich berichtet, Mazyek habe sich mit seiner damaligen Teilnahme an der Kundgebung gegen eine Entscheidung des Koordinationsrates gestellt. Die Ditib kritisierte nun, Mazyek habe dieser Behauptung seither nicht widersprochen. Sie sei geeignet, "die Sensibilität der im Koordinationsrat vertretenen Verbände beim Thema Antisemitismus in einem falschen Licht erscheinen zu lassen". Mazyek habe den Zeitungsartikel auf seinem Facebook-Profil verlinkt und sich dessen Aussage damit zu eigen gemacht.

Wie die Ditib erklärte, hatten die vier Mitgliedsverbände im Koordinationsrat - Ditib, Zentralrat, Verband der Islamischen Kulturzentren und Islamrat - im Herbst über eine Teilnahme an der Antisemitismus-Kundgebung diskutiert. Ditib und Zentralrat seien eingeladen gewesen, Islamrat und der Verband der Islamischen Kulturzentren dagegen nicht, sagte Pürlü dem epd. Daher habe sich die Frage der Teilnahme des Koordinationsrates nicht direkt gestellt. Der Dachverband habe sich aber insgesamt klar gegen jede Art von Hass und Antisemitismus ausgesprochen.

Die Ditib hatte sich bei den Beratungen nach eigenen Angaben für eine Teilnahme an der Demonstration ausgesprochen und Mazyek dagegen. Weil es keine einheitliche Position gab, habe sich der Koordinationsrat schließlich dazu entschlossen, nicht an der Kundgebung mitzuwirken. Knapp eine Stunde vor Beginn der Demonstration habe Mazyek den Verbandsteilnehmern dann aber telefonisch mitgeteilt, dass er doch an der Kundgebung teilnehmen werde, weil er sich zufällig in Berlin aufhalte, hieß es seitens der Ditib.

"Dieses Verhalten und weitere ähnliche Ereignisse" hätten zu einem Vertrauensbruch innerhalb des Koordinationsrates geführt, erklärte die Ditib, die eng mit der türkischen Religionsbehörde verbunden ist. Im Oktober wollte der Koordinationsrat der Ditib-Darstellung zufolge über den Vorfall diskutieren. Mazyek habe die Sitzung jedoch vorzeitig verlassen und seitdem an keinem Treffen mehr teilgenommen.