Faire Onlinehändler kämpfen ums wirtschaftliche Überleben

Foto: Getty Images/iStockphoto/george tsartsianidis
Faire Onlinehändler kämpfen ums wirtschaftliche Überleben
Kompostierbare T-Shirts, Designertaschen aus Recyclingmaterial, faire Löhne: Junge Unternehmen versuchen sich als ethisch saubere Alternative zu Onlineriesen wie Amazon und Ebay zu behaupten - leicht ist das trotz Trends zu nachhaltigem Konsum nicht.

Das Kleid auf der ersten Seite kommt aus einem Familienbetrieb auf Bali, sein Stoff wird in Österreich aus kompostierbaren Buchenfasern hergestellt. Als "klassisch-cool" bewirbt es der Händler auf dem Internet-Marktplatz Avocado Store aus Hamburg: Lieferzeit ein bis drei Werktage, verschiedene Bezahlarten, kostenloser Versand - "ganz so, wie es Onlinekäufer gewohnt sind", sagt Avocado-Store-Geschäftsführerin Mimi Sewalski.

400 Online-Händler bieten hier über 60.000 Produkte an - alle unter der Überschrift "Eco fashion & green lifestyle". Mindestens eines von zehn Nachhaltigkeitskriterien muss die Ware erfüllen, um hier verkauft zu werden - sie muss aus Biomaterial, sozialverträglich oder recycelbar hergestellt sein, zum Beispiel.

Der Weg zum Massengeschäft ist steinig

"Die Zeiten unförmiger Strickpullis sind vorbei", sagt Sewalski. "Es gibt immer mehr Mode-Labels, die Bio und Design verbinden." Wer sich auskennt, findet sie schon seit längerem im Netz. "Wir bringen sie unter einer Adresse zusammen, damit nachhaltiger Konsum leichter zugänglich wird", beschreibt Sewalski das Geschäftsmodell.

Dass sie das grüne Amazon sein wollen, sagt sie nicht mehr. Ein nachhaltiger Marktplatz laufe doch "zu anders". "Wir wollen den Vergleich auch gar nicht mehr, weil wir zu viel am Geschäftsgebaren dieses Konzerns ablehnen."

Und: Der Weg zum Massengeschäft ist steiniger, als es der vielbeschworene Trend zum nachhaltigen Konsum erwarten lässt - gerade wegen der bekannten Weltmarktführer. 15 Prozent Verkaufsprovision bekommt der Avocado Store, wenn über den Marktplatz bestellt wird. "Viel davon müssen wir in Marketing und Vernetzung stecken, damit wir überhaupt von den Suchmaschinen gefunden werden", sagt Sewalski. "Ein Online-Marktplatz muss auf Masse setzen, damit das Modell finanziell funktionieren kann."

"Der Kuchen in Deutschland reicht noch nicht"

Schwarze Zahlen gibt es deshalb nicht - auch wenn mittlerweile jährlich Waren im Wert von drei Millionen Euro gehandelt werden und Avocado Store damit der größte Marktplatz seiner Art in Deutschland ist. Zum Vergleich: Amazon setzt allein auf dem deutschen Markt mehr als zehn Milliarden US-Dollar um.

Einen starken Trend zur Nachhaltigkeit sieht das Kölner Institut für Handelsforschung (IfH) dennoch. "Der Online-Handel lag lange beim Thema Nachhaltigkeit weit zurück", sagt Eva Stüber, Forscherin am E-Commerce-Center des IfH. "Der Markt verändert sich aber gerade stark, vor allem, weil immer mehr grüne oder sozial faire Produkte auch online nachgefragt werden." Die Zielgruppe wachse rasant und lege Wert auf transparente Lieferketten und weniger Verpackungsmüll. Entwicklungen, die auch der Berufsverband E-Commerce (bevh) bestätigt: Etwa 35 Prozent seiner Mitglieder hätten irgendeine Form von Nachhaltigkeit im Geschäftsmodell, sagt bevh-Referentin Katrin Triebel. Tendenz: "stark steigend".

Für Online-Marktplätze, die ganz auf Nachhaltigkeit setzen, gibt es dennoch zu wenig Käufer, glaubt Maurice Stanszus, Gründer von WeGreen. Sein Unternehmen bewertet und vergleicht Produkte aus Online-Shops mit einer Nachhaltigkeitsampel. Über vier Millionen Produkte versammelt WeGreen auf seinem Meta-Marktplatz. "Profitabel für uns ist das immer noch nicht", sagt Stanszus, der deshalb international werden will. "Der Kuchen in Deutschland reicht noch nicht für mehrere grüne Konkurrenten."

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Tatsächlich musste der grüne Marktplatz goodz bereits Insolvenz anmelden. Und der als "fairnopoly" gestartete genossenschaftliche Marktplatz "fairmondo" verkleinerte im Herbst seine Belegschaft von zwölf auf vier Mitarbeitern. "Es ist schwer, auf einem von Handelsriesen dominierten Markt bekanntzuwerden", sagt Geschäftsführer Felix Weth. Bei fairmondo darf daher auch Konventionelles gehandelt werden, dafür macht die Firma konsequent ihre Bilanzen öffentlich und spendet für Aktivitäten gegen Korruption. "Wir versuchen weiter, eine andere Wirtschaftsweise zu etablieren."