Verfolgung im Irak: Rund 6.000 Jesiden rufen zur Solidarität auf

Foto: epd/Werner Krüper
Verfolgung im Irak: Rund 6.000 Jesiden rufen zur Solidarität auf
Vor einem drohenden Völkermord im Irak haben Tausende Jesiden bei einer Demo in Bielefeld gewarnt. Für ihre Glaubensgenossen, die im irakischen Sindschar-Gebirge von islamistischen Milizen belagert werden, bleibt die Lage kritisch.

Mehrere Tausend Jesiden haben am Samstag gegen die Verfolgung im Irak durch die islamistische Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS) demonstriert. Nach Angaben der Polizei kamen rund 6.000 Teilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet. Die Veranstalter schätzten die Zahl der Demonstranten deutlich höher. Die Kundgebung verlief laut Polizei größtenteils friedlich. Es gab jedoch vereinzelte Festnahmen.

Im Nordirak griffen unterdessen Kampfflieger der USA Stellungen der IS-Milizen an. Politiker und Kirchenvertreter forderten die Einrichtung eines humanitären Korridors und mahnten eine Aufnahme der Flüchtlinge in Deutschland an. Zu der Demonstration aufgerufen hatten Jesidische Vereine in ganz Deutschland.

"Wir dürfen nicht schweigen zu Gewalt und Terror"

Mehr als eine Million Menschen, die ihre Heimat verloren hätten und jetzt im Irak unterwegs seien, seien eine "humanitäre Katastrophe", erklärte die parlamentarische Geschäftsführerin der nordrhein-westfälischen Grünen, Sigrid Beer, auf der Kundgebung. Sie mahnte mehr Hilfen der Bundesregierung an. Jetzt müsse ein humanitärer Korridor aufgebaut werden, damit sich die eingeschlossenen Flüchtlinge in Sicherheit bringen könnten, sagte Beer, die auch Mitglied der Kirchenleitung der westfälischen Kirche ist.

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"Wir dürfen nicht schweigen zu Gewalt und Terror", erklärte auch die Pfarrerin der westfälischen Kirche, Kirsten Potz. Frieden könne es nur geben, wo Religionsfreiheit herrsche und die Menschenrechte gewahrt würden. Die Theologin rief dazu auf, auch hierzulande für den Schutz von Minderheiten und Andersgläubigen einzutreten. Deutschland müsse zudem die Flüchtlinge, die hierherkämen, "mit offenen Armen aufnehmen, viele mehr als bisher". 

Am Ende der Veranstaltung kam es nach Polizeiangaben zu einer tumultartigen Auseinandersetzung zwischen Versammlungsteilnehmern und einer Gruppe. Die Polizei trennte die beiden Gruppen. Die kleinere Gruppe soll nach Polizeiangaben nicht zur salafistischen Szene oder zu anderen radikalen Vereinigungen gehören. Ein Versammlungsteilnehmer wurde festgenommen, nachdem er Polizisten mit einer Dachlatte angriff. Weitere sechs Teilnehmer nahm die Polizei nach Fahrzeugkontrollen fest: Bei einem Teilnehmer hatte die Polizei eine scharfe Schusswaffe sichergestellt, fünf andere sollen eine "Schutzbewaffnung" gehabt haben.

Der westfälische Altpräses Alfred Buß verurteilte die Übergriffe islamistischer Milizen gegen religiöse Minderheiten im Nordirak. Sogenannte "Gotteskrieger" pervertierten die Religion, sagte Buß am Samstagabend im "Wort zum Sonntag" in der ARD.

Über eine halbe Million Menschen sind vor der Gewalt im Nordirak auf der Flucht, darunter bis zu 100.000 Christen. Die radikal-sunnitische Terrorgruppe IS verfolgt vor allem Christen, Schiiten und Jesiden. Zigtausende Jesiden harren derzeit von der Außenwelt abgeschlossen im Sindschar-Gebirge aus. Am Samstag griffen Kampfjäger der USA Stellungen der Milizen im Nordirak an.

Das Jesidentum ist eine rund 4.000 Jahre alte Religion, die Glaubenselemente und Riten westiranischer und altmesopotamischer Religionen sowie von Judentum, Christentum und Islam verbindet. Die Ursprünge der Jesiden liegen im Irak, in Nordsyrien und in der südöstlichen Türkei.