Papstwahl in Ägypten: Gott hat das letzte Wort

Papstwahl in Ägypten: Gott hat das letzte Wort
Ägypten trauert um Papst Shenouda III. Am Dienstag wird für das verstorbene Oberhaupt der koptisch-orthodoxen Kirche in der großen Kathedrale von Kairo die Messe gelesen. Anschließend wird Schenuda III., der die Kirche mehr als 40 Jahre leitete, in einem Kloster im Wadi Natrun beerdigt. Unterdessen wird bereits über die Nachfolge debattiert.

Die Papstwahl ist kompliziert. Geregelt wird sie durch die Traditionen der koptischen Kirche, die als eine der ältesten christlichen Kirchen gilt, sowie durch ein Präsidentendekret aus dem Jahre 1957. Der Wahlprozess nimmt mindestens drei Monate in Anspruch. Vermutlich wird es jedoch länger dauern, bis die weltweit zehn Millionen koptischen Christen ein neues Oberhaupt bekommen: Es gilt als wahrscheinlich, dass zunächst die Wahl des ägyptischen Präsidenten abgewartet wird.

Der neue Papst wird von einer Versammlung gewählt, die aus drei Gremien besteht: Das mächtigste ist die Heilige Synode. Sie besteht aus bis zu 150 Bischöfe und andere hohe Würdenträgen. Hinzukommt der sogenannte Millet-Rat, ein weltliches Gremium mit 24 gewählten Mitgliedern, unter ihnen auch einige Frauen. Ebenfalls stimmberechtigt ist ein vom ägyptischen Präsidenten ernanntes Gremium. Es umfasst wichtige koptische Persönlichkeiten.

Innerhalb eines Monats nach dem Tod des Papstes soll ein 19-köpfiges Gremium zusammentreten und zunächst eine Kandidatenliste erstellen. Wählbar ist ein koptischer Ägypter, der älter als 40 Jahre alt ist und seit mindestens 15 Jahren im Kloster lebt. Es muss mindestens fünf Kandidaten geben, aber nicht mehr als sieben. Dann wird gewählt.

Provokante Bemerkungen gegen Muslime

Das letzte Wort hat allerdings nicht die Wahlversammlung, sondern der Wille Gottes, so will es die Tradition. Daher werden im Anschluss an die Wahl die Namen der drei Kandidaten mit den meisten Stimmen auf Zettel geschrieben. Ein blindes Kind wählt einen davon aus.

Derzeit werden mehrere Kandidaten in der ägyptischen Presse als Favoriten diskutiert: Im Gespräch ist Bischof Bischoi von Damietta, der in den vergangenen Jahren mehrfach mit provokanten Bemerkungen gegen Muslime für Aufruhr gesorgt hatte. 2010 sagte er, dass die Muslime "Gäste" im ursprünglich christlichen Ägypten seien, wo koptischen Christen rund zehn Prozent der 83 Millionen Ägypter ausmachen. Ob er gewählt werden kann muss allerdings noch geklärt werden: Als Bischof mit Diözese ist er eigentlich als Kandidat ausgeschlossen.

Ein weiterer Kandidat ist Bischof Mussa. Er ist bisher zuständig für Jugendangelegenheiten und vor allem bei jungen Christen sehr beliebt. Gute Chancen werden zuletzt auch Bischof Yuanis eingeräumt. Er war bisher einer der päpstlichen Sekretäre und gilt als enger Vertrauter des verstorbenen Papstes.

Der Kopten-Papst Shenouda III. starb am Samstag im Alter von 88 Jahren in seiner Residenz nahe der Kathedrale in Kairo. Schon länger hatte Schenuda Berichten zufolge mit Leber- und Lungenproblemen zu kämpfen. 

Die Umbruchsphase mitgestalten

Experten hoffen durch einen neuen Papst auf eine Verbesserung der Situation der Christen in Ägypten. Der sich derzeit in Deutschland aufhaltende Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Ägypten, Andreas Jacobs, sagte in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst am Montag, die Situation verschaffe den Kopten "zumindest eine Atempause". Mit dem sehr alten und "öffentlich kranken" Papst habe es den Kopten zuletzt an Führung gefehlt, worunter viele gelitten hätten.

Jacobs ergänzte, jetzt könnten die Kopten die Gelegenheit nutzen, die Umbruchphase in Ägypten intensiver mitzugestalten und sich "politisch anders oder besser" zu positionieren. Längerfristig wäre es sinnvoll, dass die Christen nicht nur wie unter Mubarak auf ihre Eigenständigkeit und auf Privilegien pochten, sondern sich auch an der Politik beteiligten. Insgesamt schätzt er jedoch die zukünftige Situation für die koptischen Christen in Ägypten pessimistisch ein. Es sei kaum ein politisches Szenario denkbar, das positiv für die Kopten wäre, sagte er.

Der koptisch-orthodoxe Bischof Anba Damian äußerte die Hoffnung, dass es aus Respekt vor dem Kopten-Oberhaupt keine Gewalt gegenüber koptischen Christen gebe. "Wir hoffen, dass die Menschen vernünftig bleiben", sagte Damian. Das Oberhaupt der koptischen Kirche sei ein Schutzgarant für die koptischen Christen gewesen. Der Papst habe sich sehr stark für den Frieden zwischen Muslimen und Christen eingesetzt. Auch bei den Muslimen habe der Kopten-Papst eine große Anerkennung gehabt.

Zugleich kritisierte Damian, dass koptische Christen von der Regierung zu wenig vor Übergriffen geschützt würden. "Es gibt keinen Schutz durch das Gesetz, keinen Schutz durch die Behörden und auch keinen Schutz durch die Armee." Bislang habe sich durch die neue Regierung nichts für die Situation der Kopten verbessert. 

epd