Die Krise um Fukushima ist nicht ausgestanden

Die Krise um Fukushima ist nicht ausgestanden
Die Lage im Unglückskraftwerk Fukushima Eins bleibt kritisch. Nach ersten Erfolgen vom Wochenende dampfte und rauchte es über den havarierten Blöcken am Montag erneut. Arbeiter mussten das betroffene Gelände vorübergehend verlassen.

Keine Entwarnung in Fukushima: Über zwei Blöcken des havarierten Atomkraftwerks ist am Montag erneut Rauch und Dampf aufgestiegen. Zuerst qualmte es über Block 3 von Fukushima Eins, später auch über Block 2, wie die Nachrichtenagentur Kyodo berichtete. Die Betreibergesellschaft Tepco zog ihre Arbeiter vom betroffenen Gelände vorübergehend ab.

Erst am späten Sonntag war es gelungen, die Schaltanlagen von Block 1 und 2 wieder an die Stromversorgung anzuschließen. So soll die Reaktorkühlung wieder hergestellt werden - allerdings ist unklar, ob die Kühlwasserpumpen überhaupt noch funktionieren.

Wasserwerfer beschossen die Abklingbecken von Block 3 und 4 am Montagmorgen stundenlang mit Meerwasser, um die ausgedienten Brennstäbe zu kühlen. In den Abklingbecken lagern die abgebrannten Elemente, bis ihre sogenannte Nachzerfallswärme weit genug zurückgeht - in der Regel dauert das mehrere Jahre. Ohne Kühlung heizen sich die alten Brennstäbe auf, können schließlich zerstört werden und Radioaktivität freisetzen.

Grauer Rauch, weißer Dampf - die Signale sind unklar

Über dem Abklingbecken von Block 3 wurde am Montag gegen 16 Uhr Ortszeit grauer Rauch gesichtet. Die Arbeiten zum Anschluss des von einer Wasserstoffexplosion schwer beschädigten Reaktorgebäudes an das Stromnetz wurden kurzfristig gestoppt. Gegen Abend Ortszeit wurde der Rauch dünner, wie Kyodo berichtete. Die Ursache sei unbekannt, es sei jedoch unwahrscheinlich, dass eine Anomalie im Abklingbecken der Auslöser sei, zitierte die Agentur einen Sprecher der japanischen Atomsicherheitsbehörde NISA. Die Radioaktivität sei nicht "dramatisch" gestiegen.

Block 3 des Katastrophenkraftwerks gilt als besonders gefährlich, da er Brennstäbe aus einem Plutonium-Uran-Mischoxid (MOX) benutzt. Plutonium ist nicht nur radioaktiv, sondern auch hochgiftig. Die Brennstäbe im Reaktorkern liegen nach Regierungsinformationen ganz oder teilweise frei, der Sicherheitsbehälter (Containment) gilt aber als intakt. Der Druck im Sicherheitsbehälter war am Wochenende besorgniserregend gestiegen, halbierte sich den Angaben zufolge jedoch in der Nacht zu Montag wieder. Nächstes Ziel der Helfer für diesen Block ist, die Stromversorgung wieder herzustellen.

Nach dem grauen Rauch an Block 3 stieg am Montag weißer Dampf an Block 2 auf. Auch hier war die Ursache unbekannt, es sei jedoch unwahrscheinlich, dass der Dampf aus dem Abklingbecken dieses Blocks komme, hieß es von Tepco. Bei dem Becken wurde Sonntagnachmittag mit der Einspeisung von Meerwasser begonnen. Im Sicherheitsbehälter dieses Reaktorblocks wird ein Leck vermutet. Auch hier liegen die Brennstäbe im Reaktorkern ganz oder teilweise frei. Block 5 und 6 gelten seit Sonntagnachmittag als "kalt und unterkritisch", also gesichert.

Vorwürfe der Schlamperei gegen Tepco

Schon vor dem verheerenden Erdbeben soll die Betreiberfirma des Atomkraftwerks Fukushima Eins geschlampt haben. Die japanische Atomsicherheitsbehörde NISA warf Tepco einige Tage vor der Katastrophe vom 11. März Mängel bei der Inspektion vor. Das hatte die japanische Nachrichtenagentur Kyodo schon Ende Februar berichtet. Im Atomkraftwerk Fukushima Eins seien insgesamt 33 Geräte und Maschinen nicht ordnungsgemäß überprüft worden. Ähnliche Mängel habe es auch in zwei weiteren Anlagen gegeben: Betroffen seien außerdem das Atomkraftwerk Fukushima Zwei und das Kraftwerk Kashiwazaki-Kariwa an der Westküste.

Insgesamt seien in allen drei Anlagen mehr als 400 Geräte und Maschinen nicht wie vorgeschrieben inspiziert worden, hieß es Ende Februar in einem Bericht von Tepco an die Aufsichtsbehörde. Die meisten Mängel wurden laut Kyodo im Kraftwerk Kashiwazaki-Kariwa in der Präfektur Niigata festgestellt. Unter den schlecht gewarteten Geräten befanden sich danach auch ein Dieselgenerator zur Notstromversorgung.

Wie Tepco dazu mitteilte, hätten aber keine Sicherheitsrisiken bestanden. Bei dem schweren Erdbeben und dem Tsunami war die Lage in Fukushima Eins eskaliert, nachdem die Notstromversorgung ausgefallen war. Die NISA hatte Tepco wegen der Mängel verwarnt. Die Behörde gab dem Betreiber bis Juni Zeit, um Verbesserungen einzuleiten.

Als Grund für die Mängel bei der Überprüfung nannte Tepco unter anderem Versäumnisse der Verantwortlichen. Außerdem sei die Inspektionsliste sehr umfangreich. In einer Anlage müssten einige Zehntausend Maschinen und Geräte überprüft werden. Das solle in Zukunft systematischer erfolgen, zitierte Kyodo den Betreiber. Tepco musste sich auch schon früher gegen Vorwürfe verteidigen. So räumte die Firma ein, Berichte über Schäden jahrelang gefälscht zu haben.

dpa