Der Verlust der Natur kostet jährlich Billionen

Der Verlust der Natur kostet jährlich Billionen
Wenn die Naturzerstörung nicht gebremst wird, könnte die Menschheit jährlich Billionen von Dollar verlieren. Das geht aus dem TEEB-Report hervor, der am Mittwoch auf der UNO-Artenschutzkonferenz im japanischen Nagoya veröffentlicht wurde.

So bieten allein die Insekten jährlich 153 Milliarden US-Dollar (110 Milliarden Euro) an Bestäubungsleistung. Die Korallenriffe böten pro Jahr 172 Milliarden Dollar an Einkommen, Nahrung und weiteren Gewinnen. Nach Auffassung von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) sollten beim Artenschutz nun international ähnlich konkrete Schritte gegangen werden wie im Klimaschutz seit 1997 in Kyoto.

Ökonomie der Ökosysteme und Biodiversität

Der Naturverlust würde insbesondere die Entwicklungsländer treffen, heißt es im TEEB-Report. Durch Nichtstun entstehe nicht nur ein Wertverlust von Billionen von Dollar für die heutige und künftige Gesellschaft, es führe auch zur weiteren Verarmung der Armen, sagte Pavan Sukhdev, der die vom UN-Umweltprogramm unterstützte Studie leitete. "Die Zeit, die Artenvielfalt zu ignorieren und bei Wohlstandsvermehrung und Entwicklung auf konventionellem Denken zu beharren, ist vorbei."

TEEB steht für Ökonomie der Ökosysteme und Biodiversität (The Economics of Ecosystems and Biodiversity). Teile der Studie wurden bereits veröffentlich, nun haben die rund 500 Autoren den Endbericht vorgelegt. Die Studie gibt Ökosystemen einen konkreten Wert und fordert Staaten auf, diesen auch bei volkswirtschaftlichen Rechnungen einzubeziehen.

Das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig war maßgeblich an dem TEEB-Report beteiligt. Mexiko habe ein System, bei dem Leistungen eines Ökosystems bereits angerechnet werden, schreibt das UFZ. Zugleich habe sich die Abholzungsrate dort innerhalb von sieben Jahren halbiert. Auch Deutschland präsentierte in Nagoya verschiedene Beispiele für die Leistung von Naturschutz. "So ist etwa der Nutzen naturverträglicher Hochwasserschutzmaßnahmen an der Elbe, wie die Rückverlegung von Deichen und die Schaffung natürlicher Retentionsflächen, dreimal höher als deren Kosten", teilte das Bundesumweltministerium mit.

Zu den Forderungen der TEEB-Autoren zählt auch, Umweltschäden finanziell zu berechnen und sie zu veröffentlichen. Zudem sollten Verursacher dafür haften. Aber auch die Nutznießer sollten für die Leistungen der Natur bezahlen.

Gerechte Aufteilung der Gewinne

Bundesumweltminister Röttgen sieht gute Chancen auf eine Einigung zum Biopiraterie-Protokoll bei der Artenschutzkonferenz in Nagoya. Dabei geht es um die gerechte Aufteilung der Gewinne aus biologischen Wirkstoffen, etwa für medizinische oder kosmetische Produkte. Dennoch sei weiter unklar, wann das Protokoll in Kraft treten soll. Die von den Entwicklungsländern geforderte rückwirkende Auslegung lehnte er ab: "Dann wird es keine Einigung geben", sagte Röttgen auf einer Pressekonferenz in Berlin.

Die Lage im internationalen Naturschutz sieht der Umweltminister als dramatisch an. Die Weltgemeinschaft hätte ihr Ziel, bis zum Jahr 2010 den Rückgang der Artenvielfalt zu stoppen, nicht erreicht. Wie bei den Klimaverhandlungen von Kyoto 1997, müssten jetzt auch bei den Artenschutzverhandlungen dringend konkrete Maßnahmen folgen.

Deutschland wolle auch zukünftig Geld für den internationalen Artenschutz zur Verfügung stellen und stehe zu seinen Ankündigungen. "Wir brauchen eine glaubwürdige und nachvollziehbare Finanzierung", sagte Röttgen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte 2008 auf der Artenschutzkonferenz in Bonn bis zum Jahr 2012 zusätzlich insgesamt 500 Millionen Euro und ab 2013 jährlich 500 Millionen Euro für den internationalen Schutz der Artenvielfalt versprochen.

Umweltminister Röttgen will in der nächsten Woche von Montag bis Mittwoch zur Konferenz nach Japan reisen. Am Donnerstag muss er im Bundestag sein, weil dann Union und FDP die verlängerten Laufzeiten der Atomkraftwerke in Deutschland verabschieden wollen.

dpa