Bundespräsident fordert eine "Kultur der Achtsamkeit"

Bundespräsident fordert eine "Kultur der Achtsamkeit"
Angesichts des Amoklaufs von Winnenden und des Münchner S-Bahn-Mords hat Bundespräsident Horst Köhler zum Jahresausklang eine "Kultur der Achtsamkeit" angemahnt. "Wir haben in diesem Jahr Taten erlebt, die uns an die Grenze des Verstehbaren geführt haben", sagte Köhler in seiner Weihnachtsansprache. Diese Vorfälle seien aber auch eine Aufforderung: "Die Aufforderung, nachzudenken über uns selbst und wie wir zusammenleben."

Der Bundespräsident bezog sich in seiner Ansprache auf den Amoklauf im baden-württembergischen Winnenden und im benachbarten Wendlingen, wo ein 17-Jähriger im März 15 Menschen und anschließend sich selbst getötet hatte. Im September wurde an einem Münchner S-Bahnhof der 50-jährige Dominik Brunner von jugendlichen Schlägern zu Tode geprügelt, nachdem er sich schützend vor einige Kinder gestellt hatte. Solche unerwarteten Gewaltausbrüche führen nach Köhlers Worten zu der verstörenden Frage, ob man im Vorfeld achtsam genug gewesen sei: "In uns nagt das Gefühl, dass wir etwas Wichtiges übersehen haben müssen bei der Art, wie wir zusammenleben."

[linkbox:nid=8969;title=Die Ansprache im Wortlaut]

Zur Achtsamkeit gehöre aber auch der Einsatz für eine gerechte Weltordnung, sagte Köhler und rief die Verantwortlichen der Finanzkrise zur "Einkehr" auf: "Wir haben gerade erlebt, dass Maßlosigkeit bei Finanzakteuren und Mängel bei der staatlichen Aufsicht die Welt in eine tiefe Krise gestürzt haben." Vor diesem Hintergrund mahnte das Staatsoberhaupt mehr "Ehrbarkeit" in der Finanzwirtschaft an: "Wir brauchen das Verständnis dafür, dass Geld den Menschen dienen muss und sie nicht beherrschen darf."

In seiner Ansprache, die am ersten Weihnachtstag im Fernsehen ausgestrahlt wird, forderte der Bundespräsident ferner "eine Politik, die über den Tag hinaus denkt und handelt", sowie einen verantwortungsvolleren Umgang mit der Umwelt. "Wenn wir wollen, dass unsere Erde - und wir haben nur die eine - auch morgen noch eine gastliche Heimat sein soll, dann müssen wir achtsamer mit den natürlichen Lebensgrundlagen umgehen." Das bedeute, bewusster zu leben.Das bedeutet, bewusster zu leben, "in besserem Einklang mit der Schöpfung".

Ausdrücklich würdigte Köhler den Einsatz der deutschen Soldaten in Afghanistan. Zur gegenseitigen Achtsamkeit gehöre auch, sich klarzumachen, was der Dienst am Hindukusch bedeute. "Meine guten Wünsche sind bei ihnen und auch bei den Landsleuten, die sich fern der Heimat im Dienst der Polizei oder der Hilfsorganisationen für Sicherheit und friedlichen Aufbau einsetzen."

dpa