Filmkritik der Woche: "Merida – Legende der Highlands"

Disney/Pixar
Filmszene aus "Merida – Legende der Highlands"
Filmkritik der Woche: "Merida – Legende der Highlands"
Ein ganz gewöhnlicher Familienspaß: Die neue Pixar-Produktion "Merida – Legende der Highlands" gibt sich mit einer konventionellen Story zufrieden und kann so die hohen Erwartungen nicht ganz erfüllen.
02.08.2012
epd
Frank Schnelle

"Merida – Legende der Highlands" ist der deutsche Verleihtitel dieses Films, womit ein willentliches Wortspiel der Macher wegfällt. "Brave" ("Mutig") heißt er im Original, und gerade weil das vor allem als Anspielung auf den als "Braveheart" gefeierten schottischen Freiheitskämpfer William Wallace verstanden werden darf, springt besonders ins Auge, dass "Brave" eines eben nicht ist: mutig.

Die Story der jungen Prinzessin, die gegen die gestrengen mütterlichen Anordnungen rebelliert und damit ein schönes Chaos anrichtet, ehe am Ende Gerechtigkeit und Girliepower obsiegen, ist vielmehr das Konventionellste und Vorhersehbarste, was Pixar, das mit Filmen wie "Toy Story", "Wall-E" und "Ratatouille" Animationsfilmgeschichte schreibende Studio, bislang unter dem Banner der hüpfenden Schreibtischleuchte hervorgebracht hat. "Merida" spielt in einer anderen Liga als die genannten Meilensteine der digitalen Animation. Anbetrachts des ebenso wenig bemerkenswerten "Cars 2", der letzten Sommer ins Kino kam, könnte man fast schon von einer Krise sprechen, vielleicht gar vom Ende der Erfolgssträhne.

Aber halt, wir jammern hier doch auf sehr hohem Niveau. Inszeniert von Mark Andrews und Brenda Chapman, zwei Aufsteigern in der Pixar-Hierarchie, liefert das bunte Abenteuermärchen zumindest in ästhetischer Hinsicht die gewohnten Standards. Auch wenn man es inzwischen kaum für möglich halten mag, so gelingt es den Effekt-Departments doch immer noch, die Qualität des Animationslooks zu steigern. Die schottischen Highlands, in denen die mutige Titelheldin zwischen väterlicher Burg und verwunschenem Hexenhaus für die eigenen Rechte kämpft, erstrahlen in spektakulärstem Grün, während das Fell der in sehr unterschiedlichen Inkarnationen auftretenden Bären geradezu atemberaubend realistisch wirkt. Alles hier ist auf dem neuesten Stand von Kunst und Technik, großartig und betörend, wie Zeichentrick nur sein kann, und selbst die 3-D-Umsetzung bietet keinerlei Anlass zur Kritik, so klug, dezent und vielschichtig spielen die Filmemacher mit der Tiefe des Raums.

Großer Schritt in Richtung der Mutter-Company Disney

Auf der technischen Ebene knüpft Merida also nahtlos an die früheren Pixar-Produktionen an. Flott und gut gelaunt erzählt, ist das durchaus perfekt konfektioniertes Entertainment, ein gelungener Familienspaß. Die hintergründige Ironie von "Monster AG" oder das sinnliche Raffinement eines "Ratatouille" sucht man allerdings vergeblich, ebenso den Anspielungsreichtum und die erwachseneren Themen, die sonst so elegant in die Geschichten eingewebt sind. Mit seinem ersten "Kostümfilm" macht Pixar stattdessen einen großen Schritt in Richtung der Mutter-Company Disney, deren Formeln hier offensichtlich Teil der Gleichung sind.

Es musste ja irgendwann so kommen, werden jetzt einige sagen. Ein Film, der ganz normal ist, alltäglich fast. Dem der besondere Touch fehlt, diese freche, quirlige Andersartigkeit, diese originelle, einzigartige Vision. Und der nach all den Meisterwerken und Superlativen, den erzählerischen Innovationen und kreativen Explosionen eigentlich eine Enttäuschung darstellt, eine Entzauberung gar. Pixar, die geniale kalifornische Animationsschmiede, für die es immer und immer nur weiter nach oben ging, ist auf dem Boden der Tatsachen gelandet.

Regie: Mark Andrews, Brenda Chapman. Buch: Mark Andrews, Steve Purcell, Brenda Chapman, Irene Mecchi. Mit den Stimmen von: Nora Tschirner, John Ratzenberger.  Länge: 100 Min. FSK: o.A.