Bewährungsstrafe für ehemalige NDR-Fernsehfilmchefin Heinze

Bewährungsstrafe für ehemalige NDR-Fernsehfilmchefin Heinze
Im Drehbuchprozess hat das Hamburger Landgericht die ehemalige Fernsehfilmchefin des NDR, Doris Heinze, zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. Die leitende Angestellte des NDR sei Amtsträgerin gewesen, sagte der Richter.

Die Große Strafkammer des Hamburger Landgerichts hat die frühere NDR-Fernsehfilmchefin Doris Heinze (63) am Montag wegen Bestechlichkeit und Betrugs zu einer Haftstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Die Kammer sah es als erwiesen an, dass Heinze eigene Drehbücher und die ihres Mannes Claus Strobel (63) beim Norddeutschen Rundfunk betreut hat. Die Drehbücher waren unter Pseudonym geschrieben worden. Wegen der langen Verfahrensdauer wurden ihr zwei Monate Haft erlassen. Ob Staatsanwaltschaft oder Verteidigung Revision einlegen, blieb offen (AZ. 608 KLs 5/10, 5701 Js 86/09).

Strobel muss wegen Beihilfe eine Geldstrafe von 3.240 Euro zahlen. Die beteilige Filmproduzentin Heike Richter-Karst (52) wurde zu einer Geldstrafe von 2.100 Euro verurteilt. Sie hatte Drehbücher von Heinze und Strobel gekauft und die Filme für den NDR produziert. Auch den beiden Mitangeklagten wurde ein Teil der Strafe wegen des langen Verfahrens erlassen. Die Verteidigung von Richter-Karst kündigte Revision an.

Für das Urteil wegen Bestechlichkeit spielt die Quote keine Rolle

Heinze war Ende August 2009 als Fernsehspielchefin suspendiert worden, weil sie Drehbücher ihres Mannes Claus Strobel betreut hatte, die dieser unter Pseudonym für den NDR geschrieben hatte. Im Laufe der Ermittlungen stellte sich heraus, dass auch Heinze selbst unter Pseudonym Drehbücher an ihren Sender und an die ARD verkauft hatte. Als Angestellte eines ARD-Senders hätte sie dafür nur das halbe Honorar erhalten dürfen. Neben Heinze und ihrem Mann war auch die Produzentin Heike Richter-Karst angeklagt, die die Filme nach den Drehbüchern von Heinze und Strobel für den NDR produziert hatte und um die Pseudonyme wusste.

Heinze wurde wegen Bestechlichkeit verurteilt, weil das Gericht sie - ähnlich wie Mitarbeiter einer staatlichen Behörde - als Amtsträgerin ansieht. Ein öffentlich-rechtlicher Sender wie der NDR trage auch eine kulturelle Verantwortung, und Heinze sei für die Programmgestaltung verantwortlich gewesen, sagte der Vorsitzende Richter Volker Bruns. Ein vergleichbarer Mitarbeiter eines Privatsenders sei dagegen vor allem dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens verpflichtet. Welche Rolle die Zuschauerquote in der täglichen Arbeit des NDR spiele, sei für diese Frage unerheblich. 

Die Qualität der Filme war nicht das Thema

Die Ex-Fernsehfilmchefin habe bei der Vorentscheidung für Filmprojekte des NDR eine maßgebliche Rolle gespielt, auch wenn die endgültige Entscheidung nicht von ihr getroffen wurde, führte Richter Bruns aus. Die Pseudonyme "Marie Funder" für sich und "Niklas Becker" für ihren Mann sollten geheim bleiben. Es habe mit der Filmproduzentin eine stillschweigende Übereinkunft gegeben, diese nicht "auszuplappern". Heinze habe davon ausgehen können, dass der NDR sonst die Drehbücher nicht umgesetzt hätte. Bruns: "Es geht nicht darum, dass Sie schlechte Filme durchgewunken haben."

Heinze wurde vom Gericht zugutegehalten, dass sie "weitgehend geständig" gewesen sei. Sie habe zudem nach einem Arbeitsgerichtsprozess vor zwei Jahren einen fünfstelligen Betrag an den NDR zurückgezahlt. Insbesondere Richter-Karst habe durch die Verhandlung schwerwiegende berufliche Nachteile und psychische Beeinträchtigungen erlitten. Auch hätten die Angeklagten unter der Medienberichterstattung zu leiden.

Die Staatsanwältin hatte in der vorigen Woche eine dreijährige Haft ohne Bewährung und eine Zahlung von 40.000 Euro für Heinze gefordert. Die Verteidigung hatte dagegen auf sieben Monate Haft auf Bewährung plädiert. Für Strobel hatte die Staatsanwaltschaft eine siebenmonatige Bewährungsstrafe und die Zahlung von 60.000 Euro gefordert, für Richter-Karst eine zweijährige Bewährungsstrafe. Die Verteidigung hatte Freispruch gefordert.