Caritas sieht in Hartz-IV-Entscheidung "bahnbrechende Neuerungen"

Caritas sieht in Hartz-IV-Entscheidung "bahnbrechende Neuerungen"
Der Deutsche Caritasverband sieht in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Höhe der Hartz-IV-Regelsätze "bahnbrechende Neuerungen".
10.09.2014
epd
Frank Leth

"Der Staat muss nun mehr Geld in die Hand nehmen, um das menschenwürdige Existenzminimum zu sichern", sagte der Caritas-Sozialexperte Thomas Becker am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Das Bundesverfassungsgericht hatte in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss die Hartz-IV-Regelsätze für "noch" verfassungsgemäß erklärt (AZ: 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12 und 1 BvR 1691/13). In Einzelpunkten hatten die Karlsruher Richter von der Politik aber Nachbesserungen gefordert.

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"Nach dem Urteil ist der Hartz-IV-Regelsatz auf Kante genäht", sagte Becker. Da die Ausgaben für die Lebenshaltung im Hartz-IV-Regelsatz sehr knapp bemessen seien, könnten Hartz-IV-Bezieher plötzlich anfallende Kosten wie drastische Preissteigerungen wichtiger Ausgabeposten nicht mehr schultern. "Dies ist beispielsweise bei den drastischen Strompreiserhöhungen der letzten Jahre der Fall gewesen", sagte Becker.

Nach der Karlsruher Entscheidung könnten Hilfebedürftige nun verlangen, dass die Hartz-IV-Leistung jedes Jahr entsprechend der Strompreiserhöhungen angepasst wird. Bislang wurden Arbeitslose damit vertröstet, dass eine Anpassung alle fünf Jahre möglich sei.

Der Richterspruch sieht nach der Auffassung des Sozialexperten der Caritas weitere Verbesserungen für Hartz-IV-Bezieher vor: Da für langlebige Güter wie Waschmaschine oder Kühlschrank im Regelsatz nur ein geringer Euro-Betrag vorgesehen sei, könnten Langzeitarbeitslose nun einen Zuschuss hierfür einfordern. "Lehnen die Jobcenter diesen ab, müssen die Sozialgerichte diesen Anspruch 'verfassungsgemäß' auslegen", betonte Becker.

Gleiches gelte für Sehhilfen. Bislang gab es einen Zuschuss nur bei einer Sehkraft von 30 Prozent. "Auch hier sieht das Bundesverfassungsgericht eine Unterdeckung, so dass ein Zuschuss zu zahlen ist", sagte der Sozialexperte dem epd.

Mehr Geld werde es auch für Mobilitätskosten geben. Der Gesetzgeber müsse hier klären, ob Hartz-IV-Bezieher Busse und Bahnen frei nutzen dürfen oder ob der Ausgabenanteil für den öffentlichen Personennahverkehr im Hartz-IV-Regelsatz aufgestockt wird.

Das Bundesverfassungsgericht habe das Thema Hartz IV erneut auf die Agenda gesetzt. "Die Politik muss jetzt handeln und die Karlsruher Vorgaben schnellstmöglich umsetzen", forderte Becker.