Fast 1.000 Kinder kommen anonym zur Welt

Fast 1.000 Kinder kommen anonym zur Welt
In Deutschland werden fast 1.000 Kinder anonym im Krankenhaus geboren oder in eine Babyklappe gelegt. Und obwohl es die Babykörbchen nun in Deutschland schon seit zwölf Jahren gibt, sind sie weiter umstritten. Denn es ist nicht klar, ob die richtige Zielgruppe damit angesprochen wird.

In Deutschland wurden bisher mindestens 973 Kinder in Babyklappen oder bei anonymen Geburten zur Welt gebracht. Das berichtet die Tageszeitung "Die Welt" (Samstagausgabe) unter Berufung auf eine Studie des Deutschen Jugendinstituts im Auftrag des Bundesfamilienministeriums. Darin heißt es, zwei Drittel der Kinder (652 Kinder) seien anonym geboren worden. Knapp ein Drittel (278) sei in eine Babyklappe gelegt worden, weitere 43 Kinder seien den Mitarbeitern der Anbieter anonym übergeben worden.

Dauerhaft anonym blieben dem Bericht zufolge 314 dieser Kinder. Die Hälfte der Kinder aus Babyklappen und rund ein Drittel der Kinder aus anonymen Geburten seien schnell in Adoptivfamilien vermittelt worden. Für 376 Kinder wurden laut den beteiligten Jugendämtern Adoptionsvormundschaften errichtet, 45 davon wurden durch leibliche Eltern zurückgenommen.

Befragt wurden bei der Studie 591 Jugendämter, von denen sich 466 beteiligten. Von den 344 angeschriebenen Trägern der Angebote von Babyklappen oder anonymen Geburten beteiligten sich 272 an der Befragung. Allerdings konnten die Träger nur zu einem Teil der Kinder Angaben über deren weitere Schicksal machen.

Für ein gutes Fünftel der Kinder fehlen Informationen über deren Verbleib

"Bei den Anbietern und Trägern fehlen für ein gutes Fünftel der anonym abgegebenen Kinder Informationen über deren Verbleib", schreiben die Autoren. Sie vermerken, es gebe "sehr große (Qualitäts-)Unterschiede innerhalb der Trägerlandschaft".

In der Studie heißt es, anfangs hätten die Träger der Babyklappen vor allem "die Verhinderung der Tötung neugeborener Babys" im Sinn gehabt. Doch heute setzten die Träger sich "damit auseinander, dass die Zielgruppen, die bei der Einrichtung der Angebote vielfach im Fokus standen (Prostituierte, Drogenabhängige, sehr junge Mädchen, Frauen, die ihre Neugeborenen töten oder aussetzen), nicht erreicht werden."

Der Deutsche Ethikrat hatte in einer Stellungnahme vor zwei Jahren eine gesetzliche Regelung "vertraulicher Geburten" gefordert und zugleich mehrheitlich die Schließung von Babyklappen empfohlen. Familienministerin Kristina Schröder (CDU) will nach Informationen der "Welt" noch in dieser Legislaturperiode Konsequenzen aus den Befunden der Studie mit den Koalitionsfraktionen besprechen.

In Deutschland wurde vor zehn Jahren die erste "Babyklappe" eingerichtet

Babyklappen oder "Babykörbchen" sind öffentlich zugängliche, geschützte Wärmebetten, in die Frauen anonym ihr Neugeborenes legen und damit zur Adoption freigeben können. In Deutschland wurde vor zwölf Jahren in Hamburg die erste "Babyklappe" eingerichtet.

Derzeit gibt es bundesweit fast 100 Babyklappen, die meist von kirchlichen Einrichtungen getragen werden. Daneben können bundesweit in rund 130 Krankenhäusern anonyme Entbindungen vorgenommen werden. Dabei gibt die Frau ihre Identität nicht preis.

Babyklappen sind allerdings umstritten. Unter Fachleuten gehen die Meinungen auseinander, ob Frauen in Not, die ihr Neugeborenes töten würden, durch Babyklappen überhaupt erreicht werden. Auch meinen Kritiker, dass bei den Babyklappen das Recht auf das Wissen um die eigene Herkunft außer acht gelassen werde. Der Ethikrat hatte 2009 mehrheitlich empfohlen, die Angebote zur anonymen Kindsabgabe zu schließen.

epd