Übergangspräsident verspricht Neuanfang in Tunesien

Übergangspräsident verspricht Neuanfang in Tunesien
In Tunesien steht ein politischer Neuanfang bevor. Für den ins Exil geflohenen tunesischen Ex-Präsidenten wird die Luft immer dünner. Die Schweiz blockiert seine Gelder, die EU erwägt ähnliche Maßnahmen, die Tunesier wollen ein Verfahren gegen ihn.

Der tunesische Übergangspräsident Foued Mebazaa hat in seiner ersten Ansprache an die Nation einen Neuanfang versprochen. "Ich verpflichte mich persönlich, dass die Übergangsregierung einen totalen Bruch mit der Vergangenheit vollzieht", sagte Mebazaa im nationalen Fernsehen. Alle politische Häftlinge seien freigelassen worden, sagte der neue Minister für Regionalentwicklung, Nejib Chebbi.

Mebazaa verspricht Trennung von Parteien und Staat

Mebazaa versprach zudem alles zu unternehmen, um das Land aus der schwierigen Übergangsphase zu führen. "Damit sich alle legitimen Hoffnungen des Aufstands und dieser Revolution der Freiheit und der Würde realisieren", ergänzte der frühere Parlamentspräsident.

Angesichts der früheren Dominanz der Einheitspartei RCD versprach Mebazaa eine Trennung von Parteien und Staat. Er sicherte Pressefreiheit und eine unabhängige Justiz zu. Die Verantwortlichen für die Gewalttaten der vergangenen Tage seien festgenommen worden.

Mebazaa soll das Land mit seinem Kabinett auf Neuwahlen vorbereiten. Die Übergangsregierung hat jedoch wegen ihrer Besetzung mit Vertretern der alten Nomenklatura Proteste ausgelöst. Am Mittwoch gingen in mehreren Orten des Landes erneut Menschen auf die Straße und forderten die Auflösung der Einheitspartei RCD des geflüchteten Präsidenten Zine el Abidine Ben Ali. Ben Ali und andere führende Politiker wurden mittlerweile aus der Partei ausgeschlossen.

In Tunis hielten sich die Polizisten erstmals zurück und ließen die Demonstranten gewähren. In den vergangenen Tagen hatte sie noch Tränengas eingesetzt und scharf geschossen.

EU will demokratischen Wandel unterstützen

Die Luft für Ben Ali wird dünner: In Tunesien wurde am Mittwoch gegen den ins Exil nach Saudi-Arabien geflohenen Ex-Präsidenten ein Ermittlungsverfahren eröffnet. Es soll klären, ob der 74-Jährige und seine Familie illegal Vermögen anhäuften und ins Ausland schafften. 33 Mitglieder seiner Familie wurden festgenommen. Ihnen werden nach einem Bericht des tunesischen Fernsehens "Verbrechen gegen Tunesien" zur Last gelegt.

Die Schweiz hat bereits den Zugriff auf Konten und Immobilien blockiert. Bei der EU werden Maßnahmen beraten, um den demokratischen Wandel in Tunesien zu unterstützen und Vermögen von Ben Ali und seinem Clan zu sperren. In Paris reichten drei Hilfsorganisationen Korruptionsklagen gegen Ben Ali ein.

Nach neuen Schätzungen der Vereinten Nationen sind bei den Unruhen in den vergangen Wochen mehr als 100 Menschen ums Leben gekommen. In den kommenden Tagen sollen Experten nach Tunesien reisen, um sich ein Bild von der Lage zu machen, sagte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, in Genf. Die tunesische Regierung geht hingegen von 78 Todesopfern während der Demonstrationen aus.

Die neue Übergangsregierung, aus der sich mehrere Vertreter der Gewerkschaft und ein führender Oppositioneller noch vor der Vereidigung verabschiedet hatten, verschob eine erste Kabinettssitzung auf Donnerstag.

Ben Ali war am Freitag nach 23 Jahren an der Macht gestürzt worden. Auslöser seines Abgangs waren Massenproteste gegen Korruption und hohe Arbeitslosigkeit, die sich in der vergangenen Woche zu einem Volksaufstand ausgeweitet hatten.

dpa