Dazwischen

Dazwischen
Manchmal kann eine vermeintlich einfache Frage zu einer Bestandsaufnahme des eigenen Glaubens herausfordern.

„Hanna, was ist für dich eigentlich, Spiritualität?“, fragte mich neulich jemand, und ich musste einen Moment nachdenken. Natürlich hätte ich ganz allgemein und theoretisch etwas von „Geistigkeit“ oder „Vervollkommnung“ sagen können. Aber die Frage war anders gemeint. Persönlicher. Individueller. Und so war ich herausgefordert, Worte für das zu finden, was ich mit ganzem Herzen zu fühlen glaube, wenn ich etwas als spirituell empfinde. Denn es ist mehr ein Fühlen, als ein Wissen.

Deswegen begann ich, von etwas Unsichtbarem, das auf einmal sichtbar wird, zu erzählen. Von etwas, das mit Worten kaum zu be-greifen ist und das über das hinausgeht, was ich in Yogastunden und Achtsamkeitsmeditationen lerne. Weil sich meine Spiritualität in etwas gründet. Sie hat einen religiösen Ursprung, eine Quelle, die nicht versiegt. Aus der ich schöpfen darf. Die mich erschaffen hat und die manchmal auch erschöpft, weil sie mich herausfordert. Immer wieder. Doch vor allem anderen ist diese Quelle eine große Gnade. Sie lässt mich anders durchs Leben gehen.

Und ich erzählte von dieser Kolumne, die nicht ohne Grund den Titel „Vom Sehnen und Suchen“ trägt. Denn tatsächlich schreibe ich hier, Woche für Woche, von einem Suchen nach spirituellen Spuren im Alltag und von der Sehnsucht, zu erfahren, dass in den Dingen, die geschehen, eine tiefere Wahrheit liegt, als wir Menschen das meist vorschnell vermuten. Ein goldener Kern. Ein Herz, das immer schlägt. Ein guter Geist, ein heiliger.

Diese Spuren, die mich mit der Quelle aller Dinge, die ich gern Gott nenne, verbinden, entdecke ich nicht nur in Sonntagsgottesdiensten oder wenn ich in der Bibel lese. Meistens finde ich sie eher im „Dazwischen“. Zwischen Menschen, die sich verbinden, obwohl sie doch eigentlich viel trennt. Zwischen den Zeilen, ins Leben geschrieben, bis heute gültig. Zwischen Schlafen und Wachen, Himmel und Erde, „schon jetzt“ und „noch nicht“. All das ist im Alltag erlebbar, und mein Glaube, der von Vater, Sohn und Heiligem Geist geprägt ist, der von einem Gott erzählt, der sich in jedem Menschen finden lässt und von der unumstößlichen Hoffnung, dass die Liebe stärker ist als der Tod, lässt mich dieses „dazwischen“ entdecken. Als Stückwerk. Als ein winziger Teil vom großen Ganzen. In Freiheit und mit dem Wissen, dass jeder Mensch einzigartig ist und deswegen auch eine einzigartige Sicht auf das Leben und seine Geheimnisse hat.

So war das zu allen Zeiten: Menschen erzählen von Gotteserfahrungen. Ganz individuell. Vom Heiligen Geist, der sich ihnen zeigt. Mal im Traum, im Sturm und in der Stille. Mal als Hauch, als Wind, als Himmelskind. Verbindend bleibt bei all diesen Seins-Formen das Erleben eines „Ich bin mitten unter euch“, das verändernde Wirkung hat. Es lässt die Menschen anders weitergehen. Der Geist, der Spirit, steckt sie an, weckt sie auf, entflammt sie. – Und auch mich. Ich will davon erzählen. Vom Suchen und Sehnen und manchmal auch vom Finden.  

Was für mich Spiritualität ist? Dies ist meine Antwort.

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