Karte bitte!

Karte bitte!
Auch in der Kirche setzt sich das bargeldlose Spenden immer mehr durch. Finden wir den Klingelbeutel bald nur noch im Museum?

Unsere Tochter, Studentin in den Niederlanden, braucht bei jedem Besuch in Deutschland eine gewisse Umgewöhnungszeit. Denn in Holland zahlt man einfach jedes kleine Brötchen mit Karte. An jedem Marktstand hängt ein Schild: „Pinnen? Ja graag“ (Mit Karte zahlen? Ja, gerne) Bargeld? Braucht man praktisch nicht mehr. Die Deutschen sind da ein wenig anders gepolt, was man schon daran merkt, dass wir kein so eingängiges Wort wie „Pinnen“ für diesen Vorgang gefunden haben. Aber in vielen Ländern geht die Tendenz zum bargeldlosen Zahlungsverkehr – egal, ob wir das nun gut finden oder nicht. Während in anderen Ländern die 1- und 2-Cent-Münzen schon abgeschafft werden, wäre so etwas in Deutschland kaum denkbar. Das gute alte Bargeld ist hier das Maß aller Dinge. Und natürlich ist das auch für die kleinen Spendenbeträge in der Kirche sehr praktisch. Mal 50 Cent in den Klingelbeutel (in meiner Jugend waren es Sonntag für Sonntag 20 Pfennige), mal einen Euro in den Spendenkasten am Ausgang. Das geht schnell und absolut unkompliziert.

Die Elisabethenkirche in Basel wird von vielen internationalen Touristen besucht. Wie viele Innenstadtgemeinden ist auch diese für den Erhalt ihrer großen Kirche auf Spenden der Besucherinnen und Besucher angewiesen. Doch mit Zloty oder Yen im Opferstock kann sie leider nicht so wahnsinnig viel anfangen. Gerade für die Touristen lag es daher nahe, einen „Spend-O-Mat“ aufzustellen. Karte rein, Betrag auswählen, spenden. Geht international und wird gleich in die richtige Währung umgerechnet. Dankeschön!

Eine Investition, die sich natürlich erst mal rechnen muss. Ob die Menschen mit Karte mehr spenden? Für die 50 Cent, die manche in den Opferstock werfen, lohnt es sich kaum, die Karte zu zücken. Natürlich wird da wohl auch die Hoffnung mitschwingen, dass daraus dann eine Spende über 5 Euro oder so etwas wird. Die Erfahrungen in Skandinavien, wo es diese Automaten schon lange gibt, sind jedenfalls recht positiv. Ja, Kirche geht mit der Zeit. Wenn die Leute nicht mehr bar bezahlen wollen, dann gibt es eben das Kartenlesegerät.

Ein nicht zu unterschätzender Vorteil ist natürlich, dass diese Spenden dann auch viel leichter von der Steuer absetzbar sind, da der Betrag ja nachvollziehbar ist. Die Anonymität dagegen geht damit dann flöten. Und damit auch die Möglichkeit, wie bisher völlig anonym einfach mal so zu tun, als würde man was in den Klingelbeutel legen, obwohl man (für diesen Zweck oder auch ganz grundsätzlich) gar nichts spenden möchte.

Kirche und Geld: Das ist immer ein schwieriges Thema. Egal, ob Kirchensteuer oder reine Spendenfinanzierung oder jegliche Mischform: Jede Form der Kirchenfinanzierung hat ihre Vor- und Nachteile und erinnert immer an Themenbereiche wie „Ablasshandel“ oder etwa das „Goldene Kalb“. Die Kommentare unter der Meldung auf 20min.ch sind dementsprechend auch sehr, sehr kritisch. „Die Kirche will ja wieder mal nur unser Geld!“ und so weiter. Ja, klar will sie das. Ohne Geld muss die Kirche ziemlich bald geschlossen werden, weil sie verfällt. Und auch das Gemeindeleben ist ohne Geld eben nicht möglich.

Warum also nicht um Spenden bitten – und warum nicht in Zeiten des bargeldlosen Zahlens mittels eines Spend-O-Mats? Zumindest in Deutschland wird die Tradition des Klingelbeutels und des Opferstocks wohl nicht so schnell aussterben. Aber wer weiß – vielleicht zahlen wir in wenigen Jahren im Gottesdienst unsere Kollekte per Paypal oder Kreditkarte und bekommen schon am Ende des Gottesdienstes das Ergebnis der Kollekte angesagt?

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