Highway to heaven

Highway to heaven
Foto: dpa/Fredrik Von Erichsen
Für Motorradfans gibt es ein neues Bestattungsangebot.

Bestattungskultur ändert sich. Zum Guten wie zum Schlechten. Auf der einen Seite die Billig-Bestattung: Möglichst günstig, ohne großes Pipapo, und am liebsten irgendwo anonym; ein Grab zu pflegen, kann ja heute auch keinem mehr zugemutet werden.

Auf der anderen Seite: Der viel stärkere Trend zu einem sehr persönlichen, oft auch ungewöhnlichen Abschied. Man denke nur an Renato Bialetti von der gleichnamigen italienischen Espressokannenfirma, von der der berühmte „Moka Express“ stammt. Der wurde tatsächlich in einer Espressokanne beigesetzt – oder zumindest in einer espressokannenförmigen Urne. Auch der ungewöhnliche Grabschmuck mit Tomatenpflanzen, von dem wir erst kürzlich berichteten, geht in die gleiche Richtung: Der Abschied von einem geliebten Menschen soll etwas Persönliches sein. Ein Moment, in dem man sich nochmal erinnert: Wer war er oder sie? Welche Hobbies, welche Eigenheiten und vielleicht auch welche schrulligen Angewohnheiten hatte dieser Mensch? Woran werden wir liebevoll zurückdenken?

Für alle Motorradfahrer/innen – zumindest im Einzugsgebiet des anbietenden Beerdigungsunternehmens – gibt es nun ein ganz besonderes Angebot: Die letzte Fahrt auf einem Motorrad! Genauer gesagt: Im Beiwagen. Ein Bestatter aus der Nähe von Cottbus bietet nun die Überführung des Sargs in einem speziell dafür gebauten Motorrad an. Ein allerletztes Mal über die Lieblingsstraßen fahren. Ein letztes Mal den Fahrtwind abbekommen. Oder einfach nur: Ein cooler Abgang, passend zu einem Menschen, der sein Motorrad liebte.

Ähnlich wie bei den Tomaten auf den Gräbern mögen auch hier manche einwenden: Das ist doch alles pietätlos. Ich frage zurück: Was ist denn Pietät? Bedeutet es, dass in jedem Fall alles leise und gedämpft sein muss, damit die (schwarz gekleideten) Angehörigen in Ruhe trauern kann? Leise gemurmeltes „mein Beileid“ zu getragener Orgelmusik, die Pfarrerin sagt ein paar salbungsvolle Worte, und dann am besten mit Posaunenmusik (nichts neuer als Johann Sebastian Bach, bitte!) den Sarg absenken ins Grab?

Ja, das gibt es, und manchmal ist es genau das Richtige. Manchmal ist es trostreich für die Angehörigen, eine Beerdigung so zu erleben. Aber nicht für alle. Wenn der große Motorradfan unter lautem Geknatter im Sarg an der Leichenhalle vorfährt, die Motorradfreunde vielleicht zum Gruß nochmal ihre Motoren aufheulen lassen und die Kinder des Verstorbenen sich unter Tränen ein Grinsen nicht verkneifen können und dazu seufzen: „Ja, so war er. Das passt.“ Ist das nicht ein viel passenderer Abschied? Fahre hin in Frieden!

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