Beten Sie ruhig mal etwas länger!

Beten Sie ruhig mal etwas länger!
Foto: Getty Images/iStockphoto/Natalia Belotelova
Wer zum Beten in eine Kirche geht, kommt unter Umständen so schnell nicht wieder raus ...

In manchen katholischen Kirchen gibt es sie wohl noch, die alte Tradition der Ewigen Anbetung: Rund um die Uhr ist da jemand, der vor der Hostie sitzt und betet. Mancherorts wird die Aufgabe auch auf verschiedene Kirchen verteilt oder etwa auf eine Stunde am Tag begrenzt.

Etwas unfreiwillig wurde vor kurzem eine Frau in Landau quasi zwangsweise Teil einer solchen Aktion: Sie hatte sich zum Beten in die Kirche gesetzt. Doch als der Pfarrer abends die Kirche verschloss, bemerkte er nicht, dass da noch jemand saß. So blieb sie erst einmal drin. Beten kann man ja auch hinter verschlossenen Türen.

Während allerdings andere durchaus freiwillig die Nacht betend vor dem Altar verbringen – ich denke da an die neuzeitlichen Hobby-Ritter – war diese Situation offenbar nicht so ganz im Sinne der Betenden. Doch was sollte sie schon tun? Glücklicherweise vermisste ihr Sohn sie nach einer Weile und hörte gar nicht nach Gebet klingende „Ruf- und Klopfgeräusche“ aus der Kirche. So konnte sie „in den frühen Morgenstunden“ aus ihrer misslichen Lage befreit werden.

Blöd gelaufen, könnte man sagen. Passiert sicher immer wieder mal, denn Menschen machen eben Fehler. Aber natürlich kann man auch etwas dagegen unternehmen. Seit unsere Tochter einmal ein ähnliches Erlebnis in einem Museum hatte, rufe ich als Absperrender grundsätzlich erst in den Raum hinein, dass ich jetzt zumache. Und meinen Konfirmanden zeige ich, wo die Knöpfe für die Glocken sind. Heute auch mal für Sie: In vielen Kirchen sind diese mehr oder weniger frei zugänglich, ein großer Schaltkasten, meist mit einer Uhr für die Zeitsteuerung und einem roten Knopf pro Glocke. Läuten Sie ruhig beherzt, wenn Sie eingesperrt sind. „Wer läutet, dem wird aufgetan“, sagte das nicht auch Jesus schon? Ach nein, da heißt es „wer anklopft, dem wird aufgetan“ (Mt 7,8). Insofern hat die dauerbetende Frau es wohl doch richtig gemacht.

Es folgt: Eine Predigt über die befreiende Macht des Gebets.


 

weitere Blogs

Ein mysteriöser Todesfall, das Mauern der Einheimischen und eine latente Homophobie begegnen einer lesbischen Pastorin bei ihrer Ankunft in einer ostdeutschen Kleinstadt. Aus der Großstadt bringt sie zudem ihre persönlichen Konflikte mit. Beste Zutaten für den Debütroman „In Hinterräumen“ von Katharina Scholz.
Nach 15.000 Kilometern und fünf Monaten ist Leonies Reise vorbei. Was bleibt? In ihrem letzten Blogbeitrag schaut sie auf ihre Erfahrungen zurück.

Vom Versuch nicht zu hassen. Biografische Streiflichter von gestern, das irgendwie auch heute ist.