Maria durch ein Dornwald ging. Ein Lied, das von der Hoffnung erzählt: Das Leben kann aufblühen.

Morgenandacht

Gemeinfrei via unsplash/ Elisa Photography

Maria durch ein Dornwald ging. Ein Lied, das von der Hoffnung erzählt: Das Leben kann aufblühen.
Morgenandacht von Pfarrerin Silke Niemeyer
20.12.2023 - 06:35
04.07.2023
Silke Niemeyer
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Die Sendung zum Nachlesen: 

Wie ein Lied aus uralten Zeiten, so klingt es, und das verleiht ihm seinen besonderen Zauber. Es erzählt die Geschichte der schwangeren Maria. Maria geht durch einen toten Wald, voller dürrer Zweige, Gestrüpp und Dornen. Es ist eine gespenstische Szenerie, ein Kontrast zu den zarten, beinahe schwebenden Klängen. Dass sie vor der Ehe schwanger wird, das wirft Maria auf einen dornigen Weg. Die Welt fährt feindliche, bedrohliche Stacheln gegen sie aus. Die junge Frau aus Nazareth steht für die ungezählten Frauen, die die Nachricht „Du wirst einen Sohn gebären“ mit Furcht und Zittern aufnehmen.

Kyrie eleison! Herr, erbarme dich. Das mag man da nicht genug flehen. Denn die Welt kennt oft kein Erbarmen für die, die durch den Dornwald irren. Aber als Maria mit dem Kind unter ihrem Herzen den Wald betritt, da ereignet sich ein Wunder.

„Da haben die Dornen Rosen getragen,
Kyrie eleison.
Als das Kindlein durch den Wald getragen,
da haben die Dornen Rosen getragen.
Jesus und Maria.“

Der Dornwald verwandelt sich in einen Rosengarten. Wie sinnlich und berührend. Aus dem verdorrten Holz sprießen Blüten. Der Geruch von modrigen, abgestorbenen Blättern weicht betörendem Rosenduft. Von ihm umhüllt, geht sie ihren Weg, Maria mit dem Jesuskind in ihrem Bauch.

Das Lied bezaubert mich. Es trägt die wundersame Verwandlung des Totholzwaldes in ein Paradies so zärtlich ohne Kitsch zu Herzen. Denn – nein – es ist beileibe nicht immer so, dass die Todeszonen auf einem Lebensweg sich in Rosengärten verwandeln. Aber gerade deshalb besingen und bestaunen wir ja solche Wunder. Deswegen sind Lieder, die das vergegenwärtigen, so wichtig.

Das Rosenwunder, von dem „Maria durch ein Dornwald ging“ erzählt, steht nicht in der Bibel. Aber es ist sehr wohl biblischer Stoff. Wenn die Bibel vom Leben spricht, dann nie so, dass es unbeschädigt und unversehrt, glücksverwöhnt und erfolgsgewohnt ist. Das Leben, auch das Leben des noch ungeborenen Gotteskindes Jesus, ist ein gefährdetes, mitgenommenes, verletztes, ein gegen Widerstände, sogar durch den Tod gerettetes Leben, ein Leben mit viel „Kyrie eleis“ – „Herr, erbarme dich!“. Aber eben darin ist es: Leben, wirklich blühendes Leben. Was uns blüht, ist nicht der Tod. Was uns blüht, auch auf den Wegen durch den Dornwald, ist das Leben. Das ist die Weihnachtshoffnung. An ihr halte ich fest. Davon will ich Lieder hören, Weihnachtslieder mit Pauken und Trompeten, aber auch solche, so zart wie dieses:

Es gilt das gesprochene Wort.

 

Musik dieser Sendung:

  1. Calmus Ensemble, Leipziger Blechbläsersolisten: Maria durch ein Dornwald ging, CD-Titel: Weihnacht, Track Nr. 16.
  2. WDR Funkhausorchester (Georg Mertens, Flöte Rebekka Löw, Oboe Andy Miles, Klarinette Paolo Ferreira, Fagott): Maria durch ein Dornwald ging, Aufnahme November 2019, WDR-Archiv, Gesamtlänge: 1:39, eingesetzte Länge: 0:10.
04.07.2023
Silke Niemeyer