Reliunterricht mal ganz ganz anders

Reliunterricht mal ganz ganz anders
Ein Pfarrer hat mit seinen Schüler/innen im Reliunterricht ein Lutherspiel entwickelt.

Ehrlich gesagt, auch wenn Sie das kaum glauben mögen: Auch Pfarrer/innen haben Hobbies abseits von Bibel lesen und Beten. Auch solche, die man normalerweise nicht unbedingt erwarten würde. Beispielsweise: Programmieren! Pfarrer Tobias Schneider aus Willsbach bei Heilbronn ist so einer. Er dachte sich: Warum nicht mal das Hobby zum Beruf machen? Und schon war die perfekte Idee für den Reliunterricht geboren! „Pixel Luther“ ist mittlerweile in den ersten drei Leveln spielbar. Ein paar Einschränkungen mussten natürlich sein: Die Grafiken sind „pixelig“ wie in den guten alten Super-Mario-Zeiten. Auch die Musik ist relativ einfach gehalten.

Dadurch hielt sich der Entwicklungsaufwand in Grenzen und die Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule konnten ihren jeweiligen Begabungen entsprechend an der Entwicklung des Spiels beteiligt werden: Während die einen Luther, Mönche und Gegner zeichneten, designten die anderen die Level und dachten sich Aufgaben aus, die Luther zu lösen hat.

Und so hüpft Super Ma…, äh, Luther, durch die Level, tritt mittelalterliche Pestratten und Spinnen tot, sucht nach Schlüsseln und anderen Gegenständen – und wirft ein Tintenfass nach dem anderen gegen den Teufel, der immer wieder auf ihn lauert. Außerdem sammelt er – das ist die Hauptaufgabe – diverse Thesenteile ein. So ganz nebenbei werden wichtige Stationen aus Luthers Leben erzählt. Auf der wilden Flucht vor den Blitzen ruft er: „Hilf, Heilige Anna! Ich will Mönch werden!“. Als er in einer Bibel liest, geht ihm die reformatorische Grunderkenntnis auf: Vor Gott muss ich nichts leisten! Schon gar nicht muss ich Ablassbriefe kaufen. Leider sieht Herr Tetzel, der Endgegner von Level 3, das ein wenig anders … Manche Figuren geben im Spiel wichtige Hinweise. Andere sagen nur: Lass mich in Ruhe! Oder sogar: „I bims 1 Mönch“

Coole Idee auch, dass das Spiel kein reines Jump&Run ist, sondern Elemente eines Adventures beinhaltet. Um alle Aufgaben zu lösen, ist es sogar nötig, mit den Fähigkeiten der höheren Level nochmal zum Anfang zurückzukehren, um auch in den ersten Leveln noch Unerledigtes abzuhaken.

Die Level enthalten einige nicht so ganz leichte Aufgaben. Die Vögel am Anfang von Level 3 zu besiegen, um den gestohlenen Ring einzusammeln, ist eine echte Herausforderung. Und: Das Spiel macht wirklich Spaß. Sehr empfehlenswert!

Ungeklärt ist nun lediglich die Frage, ob es Sünde ist, während des Gottesdienstes oder im Reliunterricht heimlich Pixel Luther zu spielen. Oder ob das möglicherweise sogar zu den guten Taten zählt. Die aber wiederum vor Gott auch nicht zählen, wie man ja auch im Spiel erfährt …

Das Spiel gibt‘s sowohl für Android als auch für iPhone. Außerdem für Mac und als HTML-Version direkt zum Spielen auf der Homepage. Probieren Sie‘s mal aus! Morgen und übermorgen ist sowieso Feiertag …

Screenshot aus Pixel Luther
Übrigens: Die weiteren Level sollen auch noch folgen. Pfarrer Schneider steht mit seiner nun ehemaligen Klasse weiter in Kontakt und will das Programm noch fertigstellen. Hilfreich dabei ist natürlich, dass das Spiel inzwischen auch einen Preis beim Ideenwettbewerb „Kirche macht was“ der Evangelischen Landeskirche in Württemberg gewonnen hat, so dass die Kosten für Entwicklung usw. gedeckt sind.

Ich finde: Eine super Idee! Und hoffe, dass die Schülerinnen und Schüler genau so viel Spaß dabei hatten und haben, wie ich beim Spielen.

So, genug geschrieben. Ich muss jetzt diese nervigen Vögel und dann Herrn Tetzel besiegen. Sollten Sie nichts mehr von mir hören, wissen Sie, wo Sie mich finden können.

 

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