Bundessozialgericht erleichtert Rollstuhlfahrern Alltagsbesorgungen

Bundessozialgericht erleichtert Rollstuhlfahrern Alltagsbesorgungen

Kassel (epd). Rollstuhlfahrer müssen für Alltagsgeschäfte auch größere Strecken mit ihrem Rollstuhl zurücklegen können. Dazu muss ihnen die gesetzliche Krankenkasse motorunterstützte Hilfsmittel gewähren, entschied das Bundessozialgericht in drei am Freitag bekanntgegebenen Urteilen vom Vortag. Die Kasseler Richter änderten damit ihre bisherige Rechtsprechung, wonach Rollstuhlfahrer nur auf Hilfsmittel Anspruch hatten, mit denen sie fußläufige Entfernungen im Nahbereich ihrer Wohnung bewältigen konnten. (AZ: B 3 KR 13/22 R und weitere)

Im Leitfall ging es um einen querschnittsgelähmten Rollstuhlfahrer, der am Rande eines 20.000 Einwohner großen Ortes im Weserbergland lebt. Bei dem Kläger besteht eine schmerzhafte Arthrose am Daumen. Um dennoch mit seinem Rollstuhl aus eigener Kraft an seinem Wohnort seine Alltagsverrichtungen nachgehen zu können, beantragte er bei seiner Krankenkasse ein motorunterstütztes Handkurbelrollstuhlzuggerät zum Preis von rund 6.500 Euro.

Die Krankenkasse lehnte ab. Sie sei zwar zum mittelbaren Behinderungsausgleich verpflichtet. Dazu gehöre, dass der Rollstuhlfahrer im Nahbereich seiner Wohnung selbst seine Alltagsverrichtungen erledigen kann. Es müssten aber nur jene Hilfsmittel gewährt werden, um fußläufige Entfernungen bewältigen zu können. Hier führe das Zuggerät aber dazu, dass der Rollstuhlfahrer über den Nahbereich hinaus sich fortbewegen kann.

Das BSG sprach dem Kläger jedoch das motorunterstützende Rollstuhlzuggerät zu. Ein Eigenanteil sei nicht zu zahlen. Der Versicherte habe Anspruch auf ausreichende und wirtschaftliche Hilfsmittel, um sein Grundbedürfnis der Mobilität befriedigen zu können.

Bislang musste die Krankenkasse hierfür Hilfsmittel gewähren, damit Rollstuhlfahrer fußläufige Entfernungen im Nahbereich der Wohnung zur Verrichtung ihrer Alltagsgeschäfte bewältigen können. Von dieser Rechtsprechung rückten die obersten Sozialrichter nun teilweise ab. Die üblichen zu erledigenden Alltagsgeschäfte - etwa zum Einkaufen oder zum Arzt - könnten auch weiter entfernt sein als eine fußläufige Strecke. Es komme „regelhaft nach den örtlichen Gegebenheiten der erforderlichen Wege zu den wesentlichen Stellen der allgemeinen Versorgung und der Gesunderhaltung“ an.