Fall Oury Jalloh: Kommission untersucht weitere Todesfälle [1]
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Demonstration in Dessua-Rosslau im Januar 2018 anläßlich des Todes des Asylbewerbers Oury Jalloh vor 13 Jahren in einer Dessauer Polizeizelle.
Mehrere tausend Menschen haben am Sonntag (07.01.2018) in Dessau-Rosslau auf einer Demonstration an den Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh vor 13 Jahren in einer Dessauer Polizeizelle erinnert. (Foto: Demonstrationsteilnehmer warten vor dem Dessauer Bahnhof auf den Beginn der Demonstration) Die vorwiegend linken Demonstranten aus dem ganzen Bundesgebiet zogen durch die Dessauer Innenstadt und forderten eine lueckenlose Aufklaerung des umstrittenen Todesfalls. An der Demonstration nahmen nach Angaben der "Initiative Oury Jalloh" als Veranstalter rund 5.000 Menschen teil. Beobachter sprachen von bis zu 3.000 Demonstranten, die Polizei von etwa 2.500. Der aus Sierra Leone stammende Asylbewerber war am 7. Januar 2005 gefesselt an eine Matratze bei einem Brand in einer Dessauer Polizeizelle gestorben. Die Behoerden gingen von einem Suizid aus, eine Version, die schnell in Zweifel gezogen wurde. Mehrere Gerichtsverfahren und Branduntersuchungen konnten den Fall bislang nicht restlos aufklaeren. Jalloh soll die Matratze mit einem Feuerzeug selbst angezuendet haben. Dies wird von mehreren Brandgutachtern angezweifelt. Sie vermuten den Einsatz von Brandbeschleunigern. Beim Generalbundesanwalt liegt seit Anfang Dezember eine Anzeige wegen Mordverdachts gegen einen Polizisten vor. (Siehe epd-Meldung vom 07.01.2018)
Nach Angaben der Expertenkommission vom Dienstag stehen beide Todesfälle in Zusammenhang mit dem Dessauer Polizeirevier. Der unabhängigen Kommission gehören Rechtsanwälte, Brandexperten, Sachverständige, Ärzte und zivilgesellschaftliche Akteure an. Sie ermittelt seit Jahresbeginn im Auftrag der Familie Jallohs und mehrerer zivilgesellschaftlicher Organisationen.
So sei der 1997 zu Tode gekommene Hans-Jürgen R. nach einer Alkoholfahrt festgenommen, in das Revier gebracht und Stunden später schwer misshandelt in der Nähe des Polizeireviers aufgefunden worden. R. starb einen Tag später an den Folgen seiner Verletzung. Der zweite Fall, der Obdachlose Mario B., wurde 2002 in der Polizeizelle mit einem Schädelbasisbruch aufgefunden.
"Wir gehen deshalb von einem Oury-Jalloh-Komplex aus, in dem örtliche Polizei und Justiz zusammenspielen", sagte Kommissionsmitglied Vanessa Thompsons am Dienstag in Berlin. Alles deute auf ein System "struktureller Gewalt und institutioneller Straflosigkeit" hin. Neben der weiteren Aufklärung von Jallohs Tod werde die mit Experten aus den USA, Großbritannien, Frankreich, Italien und Deutschland besetzte Kommission deshalb auch die Gründe über die Verzögerungen bei den behördlichen Ermittlungen und die Verwicklungen Dessauer Polizisten bei ungeklärten Todesfällen untersuchen.
Der aus Sierra Leone stammende Asylbewerber Jalloh starb am 7. Januar 2005 wenige Stunden nach seiner Inhaftierung bei einem Brand in einer Dessauer Polizeizelle gefesselt an einer Matratze. Der Fall konnte bislang nicht aufgeklärt werden. Jalloh soll die Matratze mit einem Feuerzeug selbst angezündet haben. Dies wird von mehreren Brandgutachtern angezweifelt. Die internationale Kommission geht von einem Mord durch Polizeibeamte aus.