Wehrdienst bleibt vorerst freiwillig

Soldaten gehen in ein Bundeswehr Flugzeug hinein
Bundeswehr/Jana Neumann
Beim Wehrdienst bleibt es im Kern bei Freiwilligkeit. In einem zweiten Moment kann es allerdings zu einer "Bedarfswehrpflicht" kommen.
Wehrdienst-Einigung
Wehrdienst bleibt vorerst freiwillig
Nach wochenlangen Diskussionen sind sich Union und SPD einig, wie der neue Wehrdienst aussehen soll. Es bleibt im Kern bei Freiwilligkeit. In einem zweiten Moment kann es allerdings zu einer "Bedarfswehrpflicht" kommen. Indes fordert der evangelische Militärbischof Bernhard Felmberg mehr geistlichen Beistand für die Bundeswehr.

Die Koalition von Union und SPD hat sich auf die Ausgestaltung des neuen Wehrdienstes geeinigt. Wie die Fraktionsvorsitzenden Jens Spahn (CDU) und Matthias Miersch (SPD) am Donnerstag in Berlin mitteilen, soll es zunächst bei einem Dienst auf freiwilliger Basis bleiben. Spahn zufolge soll aber ein "verbindlicher Aufwuchspfad" gesetzlich festgehalten werden mit einer halbjährlichen Berichtspflicht an den Bundestag. 

Fraktionsvize Norbert Röttgen erläutert, dass es für die Jahre 2026 bis 2035 jeweils einen "Korridor" gebe. Für nächstes Jahr liege dieser bei 186.000 bis 190.000 aktiven Soldatinnen und Soldaten, 2035 seien es dann 255.000 bis 270.000. Das Bundesverteidigungsministerium werde halbjährlich über den Personalbestand berichten.  Wird der nicht eingehalten, kann es Spahn und Miersch zufolge zu einer "Bedarfswehrpflicht" kommen, über die zunächst aber erneut der Bundestag abstimmen müsste. Zudem soll der allgemeine Freiwilligendienst ausgebaut werden.

Die verabredeten Änderungen müssen nun vom Verteidigungsausschuss in den ursprünglichen Gesetzentwurf eingearbeitet werden. Danach kann der Bundestag darüber abstimmen. Das Gesetz soll zum 1. Januar in Kraft treten. Junge Männern ab dem Geburtsjahr 2008 sollen dann einen Fragebogen erhalten, in dem ihre Bereitschaft für einen Dienst in der Bundeswehr abgefragt wird. Junge Männer müssen ihn ausfüllen, Frauen können das. Zudem soll es ab 2026 eine verpflichtende Musterung aller jungen Männer geben und nicht, wie zuvor geplant, erst Mitte 2027. 

Spahn geht davon aus, dass es mehr Verbindlichkeit in der Freiwilligkeit geben werde, Miersch äußert sich dagegen überzeugt, dass eine höhere Zahl Wehrdienstleistender über die Freiwilligkeit zu erreichen sei. Um die Bedeutung freiwilliger Dienste zu unterstreichen, sei zudem mit den Haushaltspolitikern besprochen worden, die Plätze in den allgemeinen Freiwilligendiensten um 15.000 zu erhöhen, sagt Miersch.

Zahl der evangelischen Militärseelsorger erhöhen

Der evangelische Militärbischof Bernhard Felmberg hält die Zahl von 100 evangelischen Militärgeistlichen in Deutschland für zu wenig. "Das reicht hinten und vorne nicht, um unseren neuen Aufgaben in der aufwachsenden Bundeswehr gerecht zu werden", sagt er den Zeitungen des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlags (Donnerstag). Derzeit dienen etwa 182.000 Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr. Die Bundesregierung plant eine Aufstockung der Kräfte auf 460.000 bis Mitte der 2030er Jahre.

Für den Job des Militärseelsorgers gebe es viele Interessenten, sagt Felmberg. 23 Prozent der Militärgeistlichen seien inzwischen weiblich. "Das ist wertvoll, denn Frauen sind für Soldatinnen, aber auch für Soldaten nochmal ganz andere Ansprechpartner als Männer", sagt Felmberg. Insgesamt sei das Vertrauen der Soldatinnen und Soldaten in die Militärseelsorge groß.

Die Fraktionen hatten wochenlang darum gerungen, inwiefern das Gesetz für den zunächst auf Freiwilligkeit beruhenden Dienst schon Elemente für eine Wehrpflicht vorsehen sollte für den Fall, dass sich nicht genügend Rekrutinnen und Rekruten von selbst melden. Eine zunächst absehbar erscheinende Einigung, die ein Losverfahren für die Verpflichtung vorsah, platzte vor gut vier Wochen.

Die evangelische Friedensarbeit hatte am Dienstag begrüßt, dass das geplante Wehrdienst-Modernisierungsgesetz weiter auf die Freiwilligkeit bei der Rekrutierung von Soldatinnen und Soldaten setzt. Neben der Werbung für den Wehrdienst sollten allerdings alle jungen, volljährig gewordenen Menschen auch über Möglichkeiten eines Freiwilligendienstes im In- und Ausland oder im Zivil- und Katastrophenschutz informiert werden, teilten die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) und die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung (EAK) am Dienstag in Bonn mit.