Münchner Diakonie-Chef entlassen

© epd-bild/Diakonie Deutschland
Vorwurf der Übergriffigkeit
Münchner Diakonie-Chef entlassen
Die Diakonie München braucht einen neuen theologischen Vorstand: Nachdem der Prüfbericht dem Diakonie-Chef "eindeutiges Fehlverhalten" gegenüber einer Mitarbeiterin attestiert hatte, hat der Aufsichtsrat den Pfarrer mit sofortiger Wirkung abberufen.

Grenzüberschreitung und Geldverschwendung: Diese Vorwürfe gegen den Vorstandssprecher der Diakonie München und Oberbayern standen seit Mitte September in der Öffentlichkeit. Nun hat der Aufsichtsrat des evangelischen Sozialunternehmens den 58-jährigen Pfarrer "mit sofortiger Wirkung abberufen", wie ein Sprecher mitteilte.

Grund dafür seien "eindeutiges Fehlverhalten" und Versäumnisse des Vorstandssprechers bei der internen Aufarbeitung einer gemeldeten Übergriffigkeit. Der Vorwurf der Geldverschwendung bei einem Bauprojekt habe sich hingegen nicht erhärtet. Eine externe Rechtsanwaltskanzlei hatte für den Prüfbericht seit Anfang August rund 40 Einzelinterviews mit früheren und aktuellen Mitarbeitenden der Diakonie geführt.

Der Aufsichtsrat bedauere das Fehlverhalten des Diakonie-Chefs, denn es entspreche nicht "den Werten der Diakonie wie Respekt, Offenheit und Transparenz sowie einer auf Vertrauen basierenden Unternehmenskultur", sagte der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Peter Gleue laut Mitteilung. Die Abberufung des Sprechers sei dem Gremium nicht leichtgefallen.

Die Ergebnisse der Untersuchung "haben uns aber keine andere Wahl gelassen", betonte Gleue. Das Wohl der Diakonie stehe im Mittelpunkt der Entscheidung. Die Entscheidung bei der außerordentlichen Sitzung am 4.10. sei einstimmig gefallen. Die Aufgaben des Vorstandssprechers übernehmen bis auf weiteres die bisherigen Vorstände Andrea Betz und Hans Rock.

Vorwurf mangelnder Transparenz

Die Diakonie Bayern begrüßte die Entscheidung. Der Diakonische Rat, der die Münchner zuletzt wegen mangelnder Transparenz scharf kritisiert hatte, sei froh, "dass dieser Komplex einen Abschluss gefunden hat", sagte ein Sprecher dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Dachverband erkenne an, wie intensiv sich der Aufsichtsrat mit den Vorgängen befasst habe. Die Entscheidung sei aufgrund eines sehr professionellen Gutachtens gefällt worden. Vorstand und Aufsichtsrat müssten sich nun neu ordnen, damit die Diakonie München wieder "als großer sozialer Dienstleister wahrgenommen wird, der sehr gute Arbeit macht", sagte der Sprecher.

Mitte September dieses Jahres waren erstmals Vorwürfe wegen "verbaler und körperlicher Grenzüberschreitung" gegen den Vorstandssprecher der Diakonie München öffentlich geworden. Bereits im Herbst 2021 hatte sich eine Mitarbeiterin an die Meldestelle "Aktiv gegen Missbrauch" der bayerischen Landeskirche und an das Pendant der Diakonie Bayern gewandt.

Im November 2021 meldete die Fachstelle den Vorfall nach Informationen des Evangelischen Pressedienstes (epd) an den Aufsichtsratsvorsitzenden der Münchner Diakonie. Ob dieser das gesamte Gremium informierte, ist nach wie vor unklar. Im Januar wurde die betroffene Mitarbeiterin dann "auf eigenen Wunsch" freigestellt. Im Mai 2022 erhielt Münchens Zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden einen anonymen Brief mit den Vorwürfen und wandte sich damit an den Aufsichtsratsvorsitzenden. Daraufhin tagte Ende Juli 2022 das gesamte Gremium und beauftragte eine externe Kanzlei damit, die Vorwürfe zu prüfen. Eine Woche nachdem die Vorwürfe Mitte September öffentlich geworden waren, trat bereits der Aufsichtsratsvorsitzende von seinem Amt zurück.