Menschenkette für Solidarität und gegen Hetze

Menschenkette in Worms
© epd-bild/Kristina Schäfer
Archivfoto: Im Anschluss an ein ökumenisches Gebet wurde zum Gedenken an die Corona Opfer eine Menschenkette durch die Wormser Fußgängerzone gebildet. Auch zwischen Ulm und Neu-Ulm ist eine Aktion geplant von Anhängern der Corona-Schutzmaßnahmen.
Ulmer Initiative
Menschenkette für Solidarität und gegen Hetze
Studie: Kaum Diversität unter Corona-Protestlern
Eine Menschenkette zwischen Ulm und Neu-Ulm will am Samstag (22. Januar) unter dem Motto "Wir sind viele - Ja zu Solidarität. Nein zu Hetze" für Corona-Schutzmaßnahmen demonstrieren. Das sei auch ein Zeichen der Dankbarkeit, in einer Demokratie zu leben, sagte der Ulmer evangelische Dekan Gohl als Mitorganisator. Unterdessen kommt eine Studie aus Osnabrück zu unerwarteten Erkenntnissen.

Dekan Ernst-Wilhelm Gohl fügte hinzu, die Veranstaltung werde von einem breiten Bündnis aus der Mitte der Ulmer Stadtgesellschaft und darüber hinaus getragen. Sie knüpfe auch an die Demonstrationen von Studierenden der Universität Ulm gegen die sogenannten "Montagsspaziergänger" an.

Die Veranstaltung beginnt der Ankündigung zufolge um 16 Uhr auf dem Münsterplatz. Dort sprechen Dekan Gohl für den Rat der Religionen, Maria Winkler von der Gewerkschaft ver.di zum Thema "Corona und die Betriebe", der Ulmer Ehrenbürger und frühere OB Ivo Gönner (SPD) für die Stadtgesellschaft und die US-Amerikanerin Karen Carlsen, deren Großmutter eine Cousine von Albert Einstein war, zu internationalen Aspekten.

Danach werde die Menschenkette aufgestellt auf einem Kilometer vom Münsterplatz über das Rathaus Ulm bis zum Rathaus Neu-Ulm. Pandemie-angemessen sollen die Teilnehmer Schutzmasken tragen. Als Abstandhalter fungieren demnach Schals und bunte Bänder. Die Aktion gehe zusätzlich ins Internet, sagte Gohl. Dort (www.openpetition.de/petition/online/wir-sind-viele-ja-zu-solidaritaet-nein-zu-hetze) könnten sich alle Personen eintragen, die hinter der Veranstaltung und ihrem Anliegen stehen.

Im Appell der Veranstalter heißt es: "Mit Sorge sehen wir, wie im Gefolge der Pandemie unsere freiheitliche Demokratie schlecht geredet und in unserer Stadtgesellschaft Unfrieden und Misstrauen gesät werden. Wir sind dankbar, dass wir in einer Demokratie mit Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt leben. Wir sagen 'Nein' zu den Versuchen einer Minderheit, die Mehrheit der Andersdenkenden zu diskreditieren. Wir sagen 'Ja' zu einem respektvollen Miteinander." Erstunterzeichnende sind neben Gohl und Gönner der Direktor der Europäischen Donau-Akademie, Peter Langer, die Ulmer evangelische Regionalbischöfin Gabriele Wulz und der Präsident der Universität Ulm, Professor Michael Weber. 

 

Die Menschen, die an Demonstrationen gegen die Corona-Politik teilnehmen, sind sich laut einer Studie in ihren Ansichten sehr ähnlich: Sie hängen Verschwörungsmythen an, stimmen populistischen Aussagen zu, glauben an Selbstheilungskräfte und alternative Medizinmethoden und haben eher nationalistische Einstellungen, sagte die Osnabrücker Sozialpsychologin Julia Becker dem epd. Sie leitete die Umfrage, an der im Frühjahr 2021 rund 1.600 Personen teilgenommen hatten.

"Wir wollten eigentlich unterschiedliche Profile herausarbeiten, wie etwa die Gruppe der Esoteriker, die Gruppe der Rechten, der Impfkritiker oder der Anhänger von Verschwörungsmythen", erläuterte die Professorin der Uni Osnabrück. Doch erstaunlicherweise seien sich fast alle Teilnehmer in ihren Einstellungen sehr ähnlich. "Unsere Studie räumt mit dem Mythos auf, dass sich auf diesen Veranstaltungen Menschen mit ganz unterschiedlichen Ansichten treffen." Lediglich rund fünf Prozent seien eher unpolitisch und hingen seltener esoterischen, verschwörungstheoretischen oder rechten Ideologien an.

Allerdings klafften das Selbstbild und die tatsächliche Einstellung bei einem Teil der Befragten auseinander, erläuterte Becker. Sie verorteten sich in der politischen Mitte, äußerten aber dennoch Zustimmung zu rechtspopulistischen Aussagen wie: "Die Bundesrepublik ist durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maße überfremdet" oder "Israel führt einen Vernichtungskrieg gegen die Palästinenser" oder "Dem deutschen Volk steht eine korrupte Elite gegenüber."

Für die Studie wurde den Angaben zufolge ein Link zu einem Online-Fragebogen u. a. beim Messengerdienst Telegram veröffentlicht. 1.600 Personen füllten ihn aus, zwei Drittel der Teilnehmenden waren Frauen, ebenfalls zwei Drittel hatten Abitur. Die Befragten hatten ein Durchschnittsalter von 50 Jahren. Becker betonte, dass die Studie nicht repräsentativ sei, da die Befragten für die Teilnahme selbst initiativ werden mussten. Dennoch lasse das Ergebnis zumindest den Schluss zu, dass die Corona-Protestler weniger divers seien als häufig angenommen werde. Als "Gefahr" bezeichnete die Sozialpsychologin verbreitete rassistischen Tendenzen sowie mangelnde Abgrenzung von rechtsextremem Gedankengut.