Schul-Amokläufer: Geständnis, aber keine Reue

Schul-Amokläufer: Geständnis, aber keine Reue
Der junge Amokläufer, der im vergangenen Herbst an einer Ansbacher Schule 15 Menschen verletzt hat, steht vor Gericht. Er gab die Tat zu, doch Mitleid mit den Opfern bekundete er nicht.

Emotionslos hat Georg R. den Amoklauf in seiner Schule zugegeben: Zu Beginn des Prozesses wegen versuchten Mordes in 47 Fällen hat der 19-Jährige im fränkischen Ansbach ein umfangreiches Geständnis abgelegt. Er habe eingeräumt, dass er eine unbestimmte Zahl von Schülern umbringen wollte, berichtete ein Justizsprecher am Donnerstag aus der nichtöffentlichen Verhandlung. Der damalige Abiturient war im September 2009 mit Brandsätzen und einem Beil bewaffnet in das Ansbacher Gymnasium Carolinum gestürmt. Bei der Attacke wurden 15 Menschen verletzt. Polizisten stoppten den Täter auf der Jungentoilette mit drei Schüssen.

Nach Angaben des Justizsprechers korrigierte Georg R. vor der Jugendkammer des Landgerichts Ansbach nur wenige Details der Anklage. So habe er die zum Tatort geeilten Polizisten nicht töten wollen. Stattdessen habe er gehofft, sie würden ihn erschießen, nachdem sein Suizidversuch gescheitert war. Nach Aussage des beteiligten Polizisten hatte der Angreifer "Erschieß mich, erschieß mich!" gerufen, als er mit einem Messer in der Hand auf den Beamten zustürmte. Dabei habe er einen "irren" Blick gehabt.

In der geschlossenen Psychiatrie

Bei der Tat empfand der Schüler kein Mitleid mit seinen Opfern. "Er habe sie nicht als Menschen, nicht als lebenswerte Geschöpfe empfunden", gab der Justizsprecher die Aussage wieder. Bei seiner derzeitigen Therapie in einer geschlossenen psychiatrischen Abteilung wolle der Angeklagte lernen, Mitleid zu empfinden. An die Tat soll Georg R. bereits in der neunten Klasse gedacht haben. Die Anklage stuft den bei dem Amoklauf 18 Jahre alten Täter als gefährlich für die Allgemeinheit ein. Es sei zu erwarten, dass er weitere schwere Verbrechen begehen werde, sagte Staatsanwalt Jürgen Krach.

Kurz nach Beginn des Prozesses hatte das Gericht die Öffentlichkeit für einen Großteil der Verhandlung ausgeschlossen. Dieses Vorgehen sei "zum Schutz des Angeklagten und der wegen ihm sonst drohenden Nachteile für seine persönliche und soziale Entwicklung geboten", begründete Richter Bernd Rösch die Entscheidung. Dem 19-Jährigen, dem Gutachter eine psychische Krankheit bescheinigen, drohe sonst eine Bloßstellung mit gravierenden Folgen. Doch nicht nur viele Journalisten, auch Schüler des Carolinums hätten die Verhandlung gerne direkt verfolgt. "Etliche hätten den Prozess auch nutzen wollen, um den Vorfall aufarbeiten zu können", zitierte der Justizsprecher die Aussage des Schulleiters, Franz Stark.

Appell der Polizeigewerkschaft

Der bayerische Landesverband der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) appellierte unterdessen an die Politik, die nach den Amokläufen von Winnenden und Ansbach angekündigten Präventionsmaßnahmen endlich umzusetzen. "Wir haben weltweit eines der schärfsten Waffengesetze, allerdings gibt es weder auf Bundesebene noch in Bayern eine zentrale Erfassung aller Schusswaffen", teilte Landesvorsitzender Hermann Benker mit.

Nach Ansicht des Gewaltforschers Jens Hoffmann zeichnet sich bei Amokläufen eine beunruhigende Entwicklung ab: "Wir haben eine massive Zunahme und einen Ansteckungseffekt", sagte der Psychologe der "Frankfurter Rundschau". Besorgniserregend sei dabei vor allem, dass Täter inzwischen eine gewisse Verehrung erführen. Auch Georg R. hatte nach eigenen Angaben andere Amokläufer für ihren "geraden klaren Weg" bewundert. Der Prozess soll am Dienstag fortgesetzt werden. Dann sollen auch Schüler aussagen. Ein Urteil wird für kommenden Donnerstag erwartet.

dpa