Tod von Kaczynski: Polen unter Schock

Tod von Kaczynski: Polen unter Schock
Polen unter Schock: Nach dem Flugzeugunglück im russischen Smolensk, bei dem Präsident Lech Kaczynski ums Leben kam, trägt das ganze Land Trauer.

Nach dem Tod des polnischen Präsidenten Lech Kaczynski und weiterer Spitzenpolitiker ist ganz Polen in Trauer. Auch in der Nacht zum Sonntag kamen immer wieder Dutzende Menschen zum Präsidentenpalast, um den Toten die letzte Ehre zu erweisen. Sie zündeten Grabkerzen an und legten Blumen nieder. Der Platz vor dem Amtssitz des Staatsoberhauptes verwandelte sich in ein buntes Meer aus Grableuchten und Blumenkränzen. Die Straße musste gesperrt werden.

Am Samstagabend hatten tausende von Menschen dort und auf dem benachbarten Platz des Sieges ihr Mitgefühl für die Opfer der Flugzeugkatastrophe mit 97 Toten demonstriert.

Tusk und Putin trauern gemeinsam

Bei Trauergottesdiensten, die am Samstagabend in Warschau, Krakau und vielen anderen Städten Polens stattfanden, riefen die Bischöfe zur nationalen Versöhnung auf. Im Warschauer Dom sagte Erzbischof Kazimierz Nycz, der tragische Flugzeugabsturz habe ganz Polen getroffen. Die Tragödie müsse zur Einheit der Nation beitragen.

Die Regierungschefs von Polen und Russland, Donald Tusk und Wladimir Putin, hatten nach dem Flugzeugabsturz des polnischen Präsidenten und der anderen 96 Todesopfer gedacht. Gemeinsam legten sie am Samstagabend am Ort der Katastrophe Blumen nieder. Putin versicherte Tusk nach Angaben der Agentur Interfax, dass russische und polnische Spezialisten bei der raschen Aufklärung des Unglücks zusammenarbeiten würden.

Ein Nachfolger Kaczynskis soll bis spätestens 20. Juni gewählt werden. Ursprünglich sollten die Präsidentenwahlen im Herbst stattfinden. Der polnische Parlamentschef Bronislaw Komorowski, der gemäß der Verfassung bis zur Neuwahl die Geschäfte des tödlich verunglückten Staatsoberhauptes übernommen hat, kündigte am Samstagabend an, er werde innerhalb von 14 Tagen über den Wahltermin entscheiden. Der Urnengang muss dann an einem Sonntag innerhalb von 60 Tagen nach dieser Entscheidung stattfinden. Komorowski wird nach derzeitigem Stand selbst bei der Präsidentenwahl antreten. Er war bereits Ende März von der liberalen Regierungspartei Bürgerplattform PO zu ihrem Kandidaten ernannt worden.

Alle Opfer sind geborgen

Putin kündigte eine rasche Aufklärung des Flugzeugabsturzes an. "Wir müssen alles tun, um den Familien, um den Angehörigen der Opfer zu helfen." Das sagte Putin im russischen Staatsfernsehen nach einer Besichtigung des Absturzorts. Dort hielt er auch eine Gedenkminute für die Opfer ab. Präsident Dmitri Medwedew hatte den früheren Kremlchef zum Chef der Untersuchungskommission ernannt.

Alle Opfer seien mittlerweile geborgen worden, sagte Zivilschutzminister Sergej Schoigu. Ihre Leichen würden nach Moskau übergeführt. Transportminister Igor Lewitin warf dem polnischen Piloten vor, "eigenmächtig" gehandelt zu haben. Die Sichtweite zum Unglückszeitpunkt habe nur 400 Meter betragen. Vorgeschrieben seien Landungen ab 1.000 Metern Sicht, sagte Lewitin. Es seien zwei Flugschreiber gefunden worden. Die Geräte sollen nach Moskau gebracht und dort von russischen und polnischen Spezialisten gemeinsam ausgewertet werden.

Kaczynski war mit einer ranghohen Delegation auf dem Weg zu einer Gedenkfeier für die Ermordung polnischer Soldaten durch den sowjetischen Geheimdienst vor 70 Jahren im russischen Katyn. Unter den Toten ist auch Kaczynskis Frau. Auch Vize-Parlamentschef Jerzy Szmajdzinski, Vize-Außenminister Andrzej Kremer, der Chef des Generalstabs, Franciszek Gagor, und mehrere Parlamentarier sind tot. Gestorben sei die "Elite der Nation", sagte Ex-Präsident Lech Walesa.

dpa