Merkel will mit "neuem Denken" Krise überwinden

Merkel will mit "neuem Denken" Krise überwinden
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will mit einem "neuen Denken" die Wirtschafts- und Finanzkrise überwinden. Bei der Haushaltsdebatte im Bundestag am Mittwoch verteidigte sie die Steuersenkungspolitik der schwarz-gelben Koalition. Dem Vorstoß nach einer strengen Arbeitspflicht für Hartz-IV-Bezieher erteilte Merkel eine Absage. Die Opposition warf der Koalition "Totalversagen" vor.

Die Kanzlerin stellte die Ankurbelung der Konjunktur ins Zentrum. "Mit dem, was wir getan haben, ist die Krise noch nicht vorbei. So, wie wir klug den Abschwung gedämpft haben, so geht es jetzt darum, klug aus dem Tal wieder herauszukommen", sagte Merkel. Dies werde sicher kontroverse Debatten hervorrufen. "Aber das wird vor allen Dingen neues Denken erfordern." Als Zieldatum, um zumindest das Wirtschaftsniveau von vor der Krise zu erreichen, nannte sie 2013.

"Ohne Wert, ohne Ziel, ohne Plan, ohne Mut"

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sprach von einem "politischen Totalversagen". "Wir werden Sie treiben." Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast warf der Koalition ein fehlendes Zukunftskonzept vor. Die Regierung sei ohne Wert, ohne Ziel, ohne Plan und auch ohne Mut. Linksfraktionschef Gregor Gysi warf der Regierung mit Blick auf den Hotel-Steuerbonus einseitige Begünstigung von Lobbygruppen vor. "Ich finde es unerträglich."

Merkel verteidigte die Rekord-Neuverschuldung von fast 86 Milliarden Euro im Haushaltsentwurf 2010. Sie bekräftigte die Pläne für weitere Steuersenkungen, mit denen Wachstum geschaffen werde. Erst werde die Steuerschätzung im Mai abgewartet und dann ein Gesetzentwurf für 2011 vorbereitet. Die Steuerstrukturreform bleibe auf der Tagesordnung. Zugleich soll die Schuldenbremse eingehalten werden. "Weiter auf Wachstum setzen und gleichzeitig auf Konsolidierung setzen", sagte Merkel. FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger kündigte Vorschläge für Einsparungen im Etat 2011 an.

Hartz-IV-Arbeitspflicht? Merkel lässt Koch abblitzen

Merkel erteilte dem Vorstoß des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) nach einer strengen Arbeitspflicht für Hartz-IV- Empfänger eine Absage. "Ich glaube, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen, was den Zwang oder die Aufgabe oder die Notwendigkeit der Arbeitsaufnahme anbelangt, ausreichend sind." Sie bekannte sich auch zum Betreuungsgeld für die Erziehung von Kleinkindern zu Hause ab 2013. Es werde ein Weg gefunden, um falsche Effekte zu vermeiden. Sie sagte zu, dass es keine Zwei-Klassen-Medizin geben werde. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) kündigte in der Wochenzeitung "Die Zeit" mögliche Einsparungen im Sozialbereich an.

Deutschland muss nach Ansicht Merkels eine starke Exportnation bleiben. Die Kanzlerin nannte die Branchen Chemie, Autoindustrie sowie Medizin- und Verkehrstechnik. "Das darf niemals aufgegeben werden." Sie kündigte an, "gegebenenfalls" weitere Maßnahmen einzuleiten, um die Kreditversorgung der Wirtschaft zu sichern. Merkel verteidigte die geplante Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke. Am 3. Mai sei ein Elektroauto-Gipfel geplant.

Die Kanzlerin forderte China und Indien nach dem Scheitern verbindlicher Ziele beim UN-Klimagipfel in Kopenhagen zum Einlenken auf. Sie verlangte ehrgeizigere Klimaschutz-Ziele mancher EU-Länder, damit die EU ihr Angebot zur Senkung des Kohlendioxid-Ausstoßes von 30 Prozent ohne Bedingungen vorlegen könne.


 

Stichwort: Generaldebatte

Mit rund 1,8 Milliarden Euro macht der Etat des Bundeskanzleramts nur etwa ein halbes Prozent des Bundeshaushalts aus. Doch die Parlamentsdebatte über diesen vergleichsweise marginalen Posten ist der traditionelle Höhepunkt der viertägigen Haushaltsberatungen im Bundestag. Seit Jahrzehnten nutzen Regierung und Opposition diesen Tagesordnungspunkt für einen grundsätzlichen Schlagabtausch über die Leitlinien der Bundespolitik. Entsprechend prominent ist die Rednerliste besetzt.

Den Anfang macht traditionell der Regierungschef, in diesem Fall Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), ehe die Fraktionsvorsitzenden reihum das Wort ergreifen. Vor allem die Opposition nutzt die Generalaussprache zu einer Abrechnung mit der Regierungspolitik. Besondere Aufmerksamkeit wird dem jeweiligen Oppositionsführer zuteil. Diese Rolle hat derzeit Frank-Walter Steinmeier, der mit der SPD die größte Oppositionsfraktion anführt.

dpa