Neues Gedenken an Berliner Opfer der NS-Euthanasie

Neues Gedenken an Berliner Opfer der NS-Euthanasie
Es war eine grausame, durch nichts zu rechtfertigende Praxis: Systematisch töteten die Nationalsozialisten Psychatriepatienten und Behinderte. Koordiniert wurde der Massenmord in Berlin. Dort übergab die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten der Stadt nun ein Buch mit über 4.000 Namen von Menschen, die damals umgebracht wurden. Das Buch ist das Resultat einer einjährigen Forschungsarbeit.

Ein neues Gedenkbuch erinnert an Berliner Psychiatriepatienten und Behinderte, die in der NS-Tötungsanstalt in Brandenburg an der Havel ermordet wurden. "Die sogenannten Euthanasie-Opfer gehören zu den vergessenen Opfern des Nationalsozialismus", erklärte der Berliner Kulturstaatssekretär André Schmitz (SPD) am Mittwoch. Schmitz nahm das Buch vom Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Günter Morsch, entgegen.

Vor 70 Jahren wurden in Brandenburg an der Havel erstmals Kranke und Behinderte in Gaskammern ermordet. Das Gedenkbuch erfasst die Namen von mehr als 4.000 Berliner Opfern. Damit werde ihnen ein Denkmal gesetzt, "indem es ihre Namen nennt und sie der Anonymität entreißt", so Schmitz weiter: "Wir wissen aber, dass in Brandenburg über 9.000 Menschen umgebracht wurden. Auch deren Schicksal gilt es durch weitere Forschung in unserer Erinnerung zu verankern." Insgesamt geht die Forschung heute von 300.000 Euthanasie-Opfern in ganz Deutschland aus.

Die Namen der Opfer wurden im Rahmen eines einjährigen Forschungsprojekts an der Freien Universität Berlin unter Leitung von Stiftungsdirektor Günter Morsch ermittelt. Im Januar 1940 hatten die Nationalsozialisten mit den Giftgasmorden an erwachsenen Patienten begonnen, eine Aktion, die im Nachkriegsdeutschland als "T4-Aktion" bekannt wurde. T4 steht für die Berliner Adresse Tiergartenstraße 4. Dort wurden die Massenmorde an kranken und behinderten Menschen organisiert.

Erst 2007 habe der Bundestag das NS-Gesetz zur "Verhütung erbkranken Nachwuchses", das als erstes Rassegesetz 1933 erlassen wurde, zu einem typischen NS-Unrechtsgesetz erklärt, sagte Kulturstaatssekretär Schmitz. Damit seien die Opfer aber noch nicht als NS-Verfolgte anerkannt worden. "Entschädigungspolitische Konsequenzen hatte die Rehabilitierung bisher nicht", erklärte Schmitz.

epd/dpa