Enkes Witwe: "Ich wollte ihm helfen, das durchzustehen"

Enkes Witwe: "Ich wollte ihm helfen, das durchzustehen"
Nach dem Tod von Nationaltorwart Robert Enke sind auf einer Pressekonferenz seines Vereins tragische Details aus dem Leben des Fußballers bekannt geworden: Enke litt unter Depressionen und fürchtete sich davor, dass seine Krankheit an die Öffentlichkeit gelangen könnte.
11.11.2009
Von Frauke Weber

So litt Enke seit 2003 immer wieder unter schweren depressiven Schüben. "Es war eine schwere Zeit, Robert fehlten dann Antrieb und Hoffnung", sagte seine Witwe Teresa. Doch der Sportler hatte nicht nur mit der Krankheit an sich zu kämpfen. Hinzu kam eine Angst, eine übermächtige Angst davor, dass seine depressiven Schüben bekannt und in die Öffentlichkeit geraten könnten. Er wollte seine Karriere als Profi-Fußballer nicht gefährden und natürlich seine Familie, sein Privatleben schützen.

Wie groß diese Angst gewesen sein muss, zeigen die Aussagen seiner Witwe Teresa. Demnach fürchtete Enke sogar, dass ihnen das Jugendamt die kleine Adoptivtochter Leila wieder wegnehmen könnte, wenn bekannt würde, dass er als Vater unter Depressionen litt. Daraufhin habe sie selbst sogar mit dem Amt telefoniert, um jedwede Bedenken auszuräumen. Während der Pressekonferenz gab Teresa Enke zudem weitere Einblicke in den Alltag des Paares und den Umgang mit der schweren Krankheit: "Wir haben gedacht, wir schaffen alles. Ich habe gedacht, mit Liebe geht das. Es gibt doch für alles eine Lösung. Und dann schafft man es doch nicht."

Der Fußball, so die Witwe, war das Lebenselixier für Enke. "Der Sport hat ihm Halt und Kraft gegeben. Er hat es genossen, bei der Mannschaft zu sein." Um ihrem Mann zu helfen, sei sie sogar mit zum Training gefahren, sagte die zierliche Frau, den Tränen nahe. Im dunkelbraunen Rollkragenpullover versuchte Teresa Enke, ihre Fassung zu bewahren, schaute abwesend auf ihren Tisch.

In seinem Abschiedsbrief entschuldigte Enke sich bei den Angehörigen und dem Arzt für die bewusste Täuschung über seinen seelischen Zustand der letzten Tage, die notwendig war, um seinen Selbstmordplan verwirklichen zu können. Seit 2003 befand sich Enke wegen seiner depressiven Schübe und Versagensängsten bei Valentin Markser in Behandlung. Mehrere Monate habe er den Torwart damals behandelt, täglich sogar, so dass es Enke im Frühjahr 2004 schon wieder besser ging.

Zuletzt, so Markser, habe er Enke Anfang Oktober wiedergesehen, als der Fußballer wegen seiner komplizierten Infektion in die Krise gerutscht war. Enke unterzog sich einer intensiven Behandlung und zeigte sich sehr kooperativ. "Er wollte unbedingt wieder ins Training zurück", so Markser. Was dann auch gelang. Am Samstag hatte Enke bei seinem Verein zwischen den Pfosten gestanden, im Spiel gegen de Hamburger SV. Noch am Dienstag, dem Tag von Enkes Tod, hatte er mit dem Chefarzt seiner Klinik telefoniert. Dabei hatte Enke es abgelehnt, sich in eine stationäre Behandlung zu geben. "Für eine Zwangseinweisung", so Markser, "lag keine Indikation vor."

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Offenbar hatte sich Enke schon länger mit Selbstmordgedanken getragen, sich von diesen offiziell aber immer distanziert. Durch die Beschäftigung mit dem Thema Suizid hatte Enke aber wohl auch Strategien entwickelt, mit denen er das Ausmaß auch in seinem engsten Umfeld verbergen konnte, wie die Passage aus seinem Abschiedsbrief zeigt. Um das schreckliche Geschehen verarbeiten zu können, bat der Arzt darum, den Hinterbliebenen Zeit zu geben.

DFB sagt Länderspiel ab

Das trifft nicht nur die Familie, sondern auch den Verein. Aus diesem Grund hat Hannover 96 seinen Spielern in dieser Woche freigestellt, wie sie mit ihrer Trauer umgehen möchten. Es wird nur individuelles Training geben, erst für Montag plant der Verein wieder ein regelmäßiges Mannschaftstraining. Um der Trauer in Hannover einen Raum zu geben, wird die EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann heute in der Marktkirche in Hannover eine Trauerandacht halten. Im Anschluss daran ist ein Trauermarsch zum Fußballstadion von Hannover 96 geplant.

Der Deutsche Fußballbund (DFB) hat nach dem Tod von Robert Enke das Länderspiel am Samstag gegen Chile abgesagt. DFB-Präsident Theo Zwanziger bezeichnete die Entscheidung als "alternativlos". Die Nationalmannschaft hat nach der Entscheidung noch am Nachmittag das Hotel in Bonn verlassen. Erst am Sonntag - nach der Trauerfeier für Enke - will sich das Team wieder in Düsseldorf treffen, um sich dann auf das Länderspiel am nächsten Mittwoch gegen die Elfenbeinküste vorzubereiten. Robert Enke hatte acht Mal in Nationalmannschaft gespielt, war aber für die Länderspiele gegen Chile und die Elfenbeinküste nicht nominiert worden.


Frauke Weber ist Redakteurin bei evangelisch.de.