Opelaner protestieren - GM gibt sich stark

Opelaner protestieren - GM gibt sich stark
Machtkampf um die Zukunft von Opel: Während die deutschen Opel-Beschäftigten an allen vier Standorten gegen befürchtete Einschnitte protestieren, gibt sich die alte und neue Mutter General Motors (GM) betont selbstbewusst.

 Der US-Konzern droht der Belegschaft offen mit Insolvenz, sollten die Betriebsräte nicht zu Zugeständnissen bereit sein. Und GM ist sich der Staatshilfe aus Deutschland und den anderen europäischen Opel-Ländern sicher: "Wenn sie den Magna-Plan mögen, mögen sie auch den GM-Plan", sagte Vize-Präsident John Smith am Mittwochabend.

10.000 protestieren in Rüsselsheim

Tausende Beschäftigte demonstrierten an diesem Donnerstag gegen befürchtete Werkschließungen und massive Stellenstreichungen. Allein in Rüsselsheim protestierten knapp 10.000 Beschäftigte gegen den Verbleib des Autobauers bei General Motors. Auf Plakaten und Transparenten äußerten sie am Opel-Stammsitz ihre Wut über den gescheiterten Verkauf an den Zulieferer Magna.

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Sie haben Angst vor harten Einschnitten, nachdem GM nach monatelangem Poker den Verkauf von Opel an den österreichisch-kanadischen Zulieferer Magna und russische Investoren abgeblasen hat. In Deutschland arbeiten mehr als 25.000 Menschen für Opel.

Nach Smiths Darstellung ist die Sorge unbegründet. GM wolle rund 10.000 der insgesamt gut 50.000 Opel-Arbeitsplätze in Europa streichen. Das wären in etwa genauso viele wie von Magna vorgesehen. Dies sei nötig, um die Kosten um 30 Prozent zu senken und Opel zu einem profitablen Unternehmen zu machen.

GM-Vize: Attraktive Lösung möglich

Über die Pläne des Mutterkonzerns ist ansonsten noch wenig bekannt. Sie beruhen in weiten Teilen auf einem früheren Konzept, das aber noch aktualisiert werden soll. So muss das Werk in Bochum entgegen der früheren GM-Planung möglicherweise nicht geschlossen werden. Es könne eine attraktive Lösung geben, sagte Smith. Das sei aber noch nicht entschieden. In Nordrhein-Westfalen stehen im kommenden Jahr Landtagswahlen an. Hingegen droht dem Werk in Eisenach weiter eine zweijährige Stilllegung, das Werk im belgischen Antwerpen steht vor dem Aus.

GM will den Plan möglichst bald ausarbeiten und den europäischen Regierungen und den Betriebsräten vorlegen. Der Autobauer ist zuversichtlich, trotz aller Kritik auch von Deutschland Staatshilfen zu bekommen. Smith sagte: "Ich bin hoffnungsfroh, dass die Bundesregierung unseren Plan, wenn sie ihn gesehen hat, gut finden und uns genauso unterstützen wird wie die Regierungen aus Spanien, Polen und Großbritannien." Sollte Deutschland die Unterstützung verweigern, müsse GM einen "Plan B" ziehen.

Das "Wall Street Journal" zitierte informierte Personen, wonach der Autobauer aus den eigenen "unbegrenzten Barreserven" schöpfen könne, um die Restrukturierung selbst zu schultern. Das war in Deutschland bezweifelt worden.

Kauder: Konzept muss her

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) forderte GM unterdessen auf, unverzüglich ein Konzept vorzulegen. "Wir erwarten jetzt einen Plan, wie Opel wieder fit und flott gemacht werden kann", sagte er im ZDF-"Morgenmagazin". "Wir erwarten von Opel und von GM, dass die Arbeitsplätze in Deutschland gehalten werden." Erst wenn dieser Plan vorliege, könne man darüber reden, welche staatlichen Hilfen möglich seien. "Die Amerikaner dürfen nicht glauben, dass sie Deutschland in irgendeiner Form erpressen können."

Die Gewerkschaft IG Metall sieht derzeit keine Veranlassung, neue Verhandlungen mit GM voranzutreiben. "Es ist den Arbeitnehmern und damit ihren Gewerkschaften überhaupt nicht zuzumuten, nach diesem Paukenschlag aus Detroit, der auch ein Schlag ins Gesicht war, jetzt mit neuen Plänen aufzuwarten", sagte der Frankfurter IG-Metall- Bezirksleiter Armin Schild, der Mitglied im Opel-Aufsichtsrat ist, im ZDF-"Morgenmagazin".

Zudem hält Schild die von GM genannte Investitionssumme von 3 Milliarden Euro für nicht ausreichend. "Das reicht genau, um die Sozialpläne und die Schließungskosten zu finanzieren. Das reicht eben nicht, um neue Autos zu bauen und um neue Märkte zu erschließen."

"Tischtuch nicht völlig zerschneiden"

Der Autoexperte Stefan Bratzel warnte die Opel-Belegschaft, den Bogen nicht zu überspannen. Die Betriebsräte müssten aufpassen, "dass sie das Tischtuch mit GM nicht vollständig zerschneiden", sagte er der Tageszeitung "Die Welt". Das Verhältnis zwischen der US- Konzernmutter und den Belegschaftsvertretern ist ohnehin schwierig. Unter anderem Opel-Betriebsratschef Franz hatte sich in den vergangenen Monaten eindeutig auf Magna als Investor festgelegt. Nach der GM-Entscheidung, die europäische Tochter doch nicht zu verkaufen, sprach er von "einem schwarzen Tag für Opel".

EU-Industriekommissar Günter Verheugen rief die Europäer zu einem gemeinsamen Vorgehen auf. Es komme darauf an, einen Bieterwettbewerb unter den EU-Staaten mit Opel-Standorten zu vermeiden, sagte er dem "Hamburger Abendblatt". "Wenn jeder für sich mit Detroit verhandelt, werden sich die Amerikaner die besten Angebote aussuchen können." Ob dies die wirtschaftlich tragfähigsten wären, stehe in den Sternen.

dpa