Der Rat schlägt Margot Käßmann als Ratsvorsitzende vor

Der Rat schlägt Margot Käßmann als Ratsvorsitzende vor
Landesbischöfin Margot Käßmann (51) aus Hannover wird voraussichtlich neue Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Sie erhielt bei der Ratswahl am Dienstag in Ulm bereits im ersten Durchgang die erforderliche Zweidrittelmehrheit und gelangte als zunächst einzige der 21 Bewerber auf Anhieb in das kirchenleitende Gremium. Über die Nachfolge von Bischof Wolfgang Huber (67) wird offiziell am Mittwoch entschieden. Die Vergabe der weiteren Ratsplätze entwickelte sich zum Wahlmarathon, der mehr als 16 Stunden andauerte. Ein Platz blieb vorläufig unbesetzt.
27.10.2009
Von Bernd Buchner

Käßmann erreichte 103 von 145 abgegebenen Stimmen. In der Synode gab es nach der Bekanntgabe des Ergebnisses großen Beifall und Glückwünsche für die Bischöfin, die bereits im Vorfeld als Favoritin gegolten hatte. Käßmann steht seit 1999 an der Spitze der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, die mit rund drei Millionen Mitgliedern die größte deutsche Landeskirche ist. Die in Marburg geborene Theologin wäre die erste Frau an der Spitze der EKD.

Wird Käßmann zur Ratsvorsitzenden gewählt, würde die evangelische Kirche künftig von einer weiblichen Doppelspitze repräsentiert. Synodenpräses ist seit dem Frühjahr Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen), die dem Rat qua Amt angehört. Sie wurde am Dienstag in Berlin auch in ihrem Amt als Bundestagsvizepräsidentin bestätigt. Eine weitere Frau in einem protestantischen Spitzenamt ist die Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages (DEKT), Ellen Ueberschär. Sie ist zugleich Generalsekretärin des 2. Ökumenischen Kirchentages (ÖKT) 2010 in München.

Jüngste Kandidatin erfolgreich

Neben Göring-Eckardt und Käßmann gehören dem künftigen EKD-Rat die Magdeburger Mathematikerin Elke Eisenschmidt (28), der rheinische Präses Nikolaus Schneider (62), der badische Landesbischof Ulrich Fischer (60), sein bayerischer Amtsbruder Johannes Friedrich (61), der Vorsitzende des EKD-Finanzbeirats, Klaus Winterhoff (58), der reformierte Kirchenpräsident Jann Schmidt (61), der Hamburger Journalist Uwe Michelsen (61), die Deutsche-Bank-Direktorin Marlehn Thieme (52), die Berliner Architektin Gesine Weinmiller (46), der Dresdner Landesbischof Jochen Bohl (59), die Erzieherin Tabea Dölker (61) aus Holzgerlingen und der Generelsekretär der Vereinigten Evangelischen Mission, Fidon Mwombeki (49).

Im zweiten Wahlgang hatten am Vormittag Eisenschmidt und Präses Schneider das erforderliche Quorum erreicht. Sie erhielten 112 beziehungsweise 99 Stimmen. Nachdem in der dritten Runde kein weiterer Kandidat erfolgreich war, gelangten im vierten Wahlgang Friedrich und Fischer in den EKD-Rat. Damit sind dort die Spitzen der beiden gliedkirchlichen Zusammenschlüsse innerhalb der EKD vertreten, der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) und der Union Evangelischer Kirchen (UEK).

Die weiteren kirchenleitenden Persönlichkeiten, die für das wichtigste EKD-Gremium kandidierten und zum Teil auch für den Ratsvorsitz gehandelt wurden, schnitten dagegen zunächst deutlich schlechter ab. Im ersten Wahlgang kam mit Ausnahmen Schneiders niemand von ihnen auf mehr als 30 Stimmen. In dieser Auftaktrunde hatten allerdings die Synodalen aus Baden, Württemberg und Bayern mit Wissen ihrer Bischöfe nicht für diese, sondern für Käßmann votiert. Damit sollte ein klares Zeichen für die Wahl der Bischöfin zur EKD-Ratsvorsitzenden gesetzt werden. 

Bischof Hein verzichtet

Bischof Jochen Bohl aus Dresden kam zunächst nur auf magere Ergebnisse und konnte sich langsam steigern, bis er im sechsten Wahlgang 63 Stimmen erhielt. Sein württembergischer Amtsbruder Frank Otfried July kam lediglich in zwei Runden über 50 Stimmen hinaus. Besonders enttäuschend verlief die Wahl für den kurhessischen Bischof Martin Hein, der nach durchwegs schlechten Ergebnissen auf eine weitere Kandidatur verzichtete. Schmidt wurde dagegen im sechsten Wahlgang, der am späten Nachmittag endete, mit 118 Stimmen in den Rat gewählt. Der Kieler Bischof Gerhard Ulrich war gut gestartet, erhielt dann aber weniger Stimmen und verzichtete.

Winterhoff war im fünften Durchgang mit 105 Stimmen gewählt worden, nachdem er zwei Runden zuvor die Zweidrittelmehrheit nur um eine Stimme verpasst hatte. Den Sprung in das wichtige EKD-Gremium schafften in der sechsten Runde auch Michelsen (113 Stimmen), Thieme (112) und Weinmiller (97). Nahe an die erforderliche Mehrheit kamen Trautwein mit 90 und die Pietistin Tabea Dölker mit 88 Stimmen. Als zusätzlicher Kandidat war nach der dritten Runde der ehemalige Bürgerrechtler und DDR-Außenminister Markus Meckel (SPD) nominiert worden. Er erhielt in der sechsten Runde 51 Stimmen, später nahm die Zahl aber wieder deutlich ab.

Bis in den späten Abend

Die Wahl wurde am Abend nach einer Pause fortgesetzt. Zwischenzeitlich hatten July und Ulrich auf eine weitere Kandidatur verzichtet. Im siebten Wahlgang schaffte Bohl mit 98 Stimmen die erforderliche Mehrheit. Der achte Durchgang blieb ohne zählbares Ergebnis. Darauf versammelten sich die verschiedenen Gruppierungen erneut zu Beratungen: die eher linksliberale Gruppe "Offene Kirche", die als konservativ geltende Gruppe "Lebendige Gemeinde" sowie ein sogenannter Gesprächskreis, der keiner kirchenpolitischen Zuordnung folgt. In Runde neun schafften schließlich Dölker (99 Stimmen) und Mwombeki (97) die Zweidrittelmehrheit.

Im anschließenden Wahlgang entstand, nachdem sich Markus Meckel zurückgezogen hatte, ein Patt zwischen Trautwein und der pfälzischen Oberkirchenrätin Karin Kessel (50). Sie blockierten sich mit 78 beziehungsweise 62 Stimmen gegenseitig. Daraufhin wurde eine weitere, diesmal dreiviertelstündige Beratungspause angesetzt. Die elfte Runde brachte mit 79 und 57 Stimmen ein ähnliches Ergebnis. Daraufhin zog Kessel ihre Kandidatur zurück, allerdings verfehlte Trautwein im zwölften Wahlgang mit 87 Stimmen die Zweidrittelmehrheit. Sie verzichtete daraufhin.

Die Vergabe des 15. Ratsplatzes blieb zunächst offen, die Sitzung wurde erneut bis 1.00 Uhr unterbrochen. Andere Vorschläge für den letzten Ratsplatz gab es nicht, nach einer kurzen juristischen Debatte wurde die Frage auf die nächste Synodensitzung vertagt. Dennoch soll sich der EKD-Rat am Mittwochmorgen konstituieren und der Synode einen Vorschlag für den Ratsvorsitz unterbreiten. Kirchenjuristen berieten bis weit in die Nacht hinein die Situation nach dem Abbruch der Ratswahl.

Hier geht es zu den Ergebnissen der Wahlgänge im Überblick.

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