Schwarz-Gelb holpert in die Wunsch-Koalition

Schwarz-Gelb holpert in die Wunsch-Koalition
Als Wunschpartner sind Union und FDP vor knapp drei Wochen in Koalitionsverhandlungen eingetreten. In der Endphase der Gespräche hat sich mittlerweile aber Ernüchterung breitgemacht. Jüngstes Beispiel: der Schattenhaushalt, der zum Rohrkrepierer geriet.

Die Unions-Verhandler sind genervt, dass es mit den Liberalen auch nicht schneller vorangeht als zuletzt mit der SPD. Die FDP will hingegen nichts mit der groß-koalitionären Vergangenheit der Union zu tun haben, als könnten die Freidemokraten die Wirtschaftskrise vergessen machen. Schwarz-Gelb droht somit ein eher holpriger Start.

Beispiel eins: Die Aufregung um den Schattenhaushalt. Am Donnerstagnachmittag verzichteten Union und FDP nach schwerwiegenden juristischen Bedenken auf den zuvor heftig kritisierten Sonderfonds zur Stabilisierung der Sozialversicherung. Danach machten sie sich gegenseitig für die Idee verantwortlich. "Wir wollen nicht mit einer Bauchlandung die Regierungsarbeit starten", hieß es aus der FDP. Aus der Union wurde betont, man habe immer Probleme mit der Konstruktion eines Schattenhaushalts gehabt, mit dem sich die FDP vom Erbe der großen Koalition abgrenzen wollte.

Beispiel zwei: Zunächst sah es wiederum am Nachmittag so aus, als hätten die Koalitionäre einen weiteren großen Brocken aus dem Weg geräumt. Die Fachleute von Union und FDP hatten sich zunächst darauf verständigt, die Wehrpflicht zwar zu erhalten, den Wehrdienst vom 1. Januar 2011 an aber von jetzt neun auf sechs Monate zu verkürzen. Nur: Später wurde aus der Koalitionsrunde bekannt, dass das Thema Wehrpflicht doch noch nicht endgültig abgehakt ist.

Die "Nacht der langen Messer" kommt noch

Beispiel drei: Erst schien es, als könnten die Müllgebühren steigen, weil die kommunalen Versorger anders besteuert werden. Dann schritt die Spitzenrunde ein, weil dies kaum mit dem Ziel von Entlastungen in Einklang gestanden hätte: Es werde "definitiv keine Gebührenerhöhung" geben.

"Wir werden diese Koalitionsgespräche in guter Partnerschaft, in großer Fairness miteinander führen", hatte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am 5. Oktober noch gesagt. "Es wird sicherlich auch Meinungsunterschiede geben", ergänzte FDP-Chef Guido Westerwelle damals. "Aber das ist alles überbrückbar."

Ursprünglich hatten die Koalitionäre noch gehofft, dass die drei Parteien zeitnah nach dem vergangenen Wochenende fertig werden, als sich die Parteispitzen zu einer Klausurtagung getroffen hatten. "Ich denke, zu 95 Prozent sind wir durch", hatte davor ein Ober-Verhandler prognostiziert. Doch weit gefehlt. Die Nacht zum Samstag wird nun zur "Nacht der langen Messer", in der endgültig entschieden werden soll.

Woran hängt es? Aus der Union ist zu hören, dass die FDP schlicht das Regieren und damit die Fähigkeit zum Kompromiss ein Stück weit verlernt habe. "Es ist spürbar, dass die Liberalen elf Jahre in Opposition waren." Dieser Satz ist immer wieder aus den Reihen von CDU und CSU zu hören. So hielt die FDP-Spitze auch in großer Runde zunächst an den Forderungen zum Abschleifen des Kündigungsschutzes und der Einschränkung der Mitbestimmung fest, obwohl dies bei der Union keine Chance auf Zustimmung hat.

Sehnsucht nach der SPD?

Kopfschütteln löste in den Beratungen der Arbeitsgruppe Finanzen wieder aus, dass die FDP partout nicht von ihren Maximalforderungen zu Steuersenkungen in einer Größenordnung von 35 Milliarden Euro abrücken wollte. Bei dem einen oder anderen Unions-Verhandler kam Sehnsucht auf - nach der SPD.

Die FDP-Seite sieht das naturgemäß ganz anders: Ihre Verhandler beklagen, dass die Union große Schwierigkeiten habe, sich aus der großen Koalition zu verabschieden. CDU und CSU verhandelten nach dem Motto: "Weiter so. ..". Die FDP-Leute wollen dagegen die Botschaft: "Endlich Neuanfang".

Die FDP strebt ganz offen einen Abschluss der Verhandlungen erst in der Nacht zum Samstag an. "Alle Seiten werden Federn lassen müssen, deswegen dürfen die Kompromisse vor den Parteitagen am Sonntag und Montag nicht zerredet werden", schilderte ein FDP-Chefunterhändler die Strategie. Letztlich wird es auf die großen Drei ankommen. Und bei ihnen scheint die Chemie noch zu stimmen.