Filmkritik: "Jack und das Kuckucksuhrherz"

Foto: epd/Universum Film
Filmkritik: "Jack und das Kuckucksuhrherz"
Eine Geschichte mit Herz: Mit dem phantasiereichen "Jack und das Kuckucksuhrherz" beweisen die Franzosen Stéphane Berla und Mathias Malzieu, dass es skurrile, liebenswürdige und perfekt gemachte Animationsfilme auch jenseits von Hollywood gibt.
02.07.2014
epd
Katrin Hoffmann

Jacks Welt wird bevölkert von Outlaws, die an so ungewöhnlichen Orten wohnen, dass sie nur der Fantasie eines sehr kreativen Kopfes entsprungen sein können. In diesem Falle ist es der des Autors, Sängers und Songwriters Mathias Malzieu: Er hat 2007 den Roman "Die Mechanik des Herzens" geschrieben, der dem französischen Animationsfilm "Jack und das Kuckucksuhrherz" zugrundeliegt. Die Geschichte beginnt im 19. Jahrhundert, in der kältesten Nacht, die Edinburgh je erlebt hat. Als die Hebamme Madeleine den kleinen Jack entbindet, ist dessen Herz zu Eis gefroren. Sie holt ihn zurück ins Leben, indem sie ihm kurzerhand eine Kuckucksuhr einpflanzt. Die Mutter macht sich alsbald aus dem Staub, und Jack bleibt bei Madeleine, die sich schon immer ein Kind gewünscht hat.

Es gibt in dieser fröhlich unkorrekten WG, in der noch zwei Prostituierte und ein alter, gebeugter Xylophonspieler leben, dessen Klangplättchen mit ihm auf dem Rücken verwachsen sind, einen großen Zusammenhalt und viel Spaß. Aber speziell für Jack gelten drei strikte Regeln: Er darf sich nicht aufregen, darf die Zeiger seiner  Uhr nicht verstellen und das Wichtigste – er darf sich unter keinen Umständen verlieben. Denn heftige Emotionen bringen seine Uhr aus dem Takt, und das würde den frühen Tod bedeuten. Sein erster Ausflug in die Stadt allerdings ist auch der Beginn einer großen Liebe. Acacia, das Mädchen seiner Träume, zieht nach Andalusien und Jack wird ihr folgen, um sie für sich zu erobern.

Die Produktion ist ein Glücksfall unkonventioneller Entscheidungen. Die Produzentin Virginie Silla-Besson vertraute ganz dem Buchautor, der aus seinem Roman das Drehbuch erstellte und mit seiner Band Dionysos auch den Soundtrack lieferte. Malzieu suchte sich als Koregisseur Stéphane Berla, der bis dahin als Regisseur für Musikvideos tätig war. So haben wir es auf allen Ebenen mit einem homogenen Ganzen zu tun, das in jeder Szene Wärme und Liebe für seine Figuren ausstrahlt. Vordergründig handelt der Film vom Konflikt, den Jack lösen muss, aber gleichzeitig erzählt er mit seinen vielen originellen Figuren die Geschichte der Andersartigkeit und davon, wie die Sonderlinge trotz Schwierigkeiten Vertrauen in die eigenen Stärken finden. Dieser Devise folgt auch der geniale Erfinder und Filmemacher George Méliès, der den verliebten Jack bis nach Spanien begleitet und ihm ein väterlicher Berater in Sachen Liebe ist.

Reisen im im Origami- und Aufklappbilderbuch-Stil animiert

Trotz 3-D-Technik macht der Film einen fast unmodernen, anachronistischen Eindruck, seine Bilder und Figuren erinnern an Tim-Burton-Filme, und mit seiner warmen Farbgebung erzeugt er eine unfehlbar positive Grundstimmung. Die Reisen in Zug und Pferdekutsche sind im Origami- und Aufklappbilderbuch-Stil animiert. Souverän ergänzen sich moderne Bildverarbeitung und altmodisch anmutender Animationsstil – und der Zuschauer lässt sich hinwegtragen in eine Zeit, in der das Kino gerade erfunden wurde.

Frankreich/Belgien 2013. Regie: Mathias Malzieu, Stéphane Berla. Buch: Mathias Malzieu (nach seinem Roman "Die Mechanik des Herzens"). Synchronstimmen: Constantin von Jascheroff, Kaya Möller, Tobias Nath, Viktor Neumann, Julia Kaufmann. Länge: 94 Minuten. FSK: ab sechs 6 Jahre, ff.