Handelsverband sieht Minister-Pläne für neues Textil-Siegel skeptisch

Foto: dpa/Abir Abdullah
Handelsverband sieht Minister-Pläne für neues Textil-Siegel skeptisch
Die Pläne von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) für ein neues Gütesiegel zu Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie stoßen im Einzelhandel auf Skepsis.
30.04.2014
epd
Tanja Tricarico

"Es wird sehr, sehr schwierig, ein solches Siegel glaubwürdig umzusetzen", sagte der Geschäftsführer der Außenhandelsvereinigung des Deutschen Einzelhandels, Stefan Wengler, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Für die Unternehmen sei es nahezu unmöglich nachzuvollziehen, ob auf allen Stationen der Produktion ökologische und soziale Standards eingehalten wurden.

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Wengler äußerte sich vor einem Treffen am Mittwochnachmittag im Entwicklungsministerium in Berlin. An einem Runden Tisch sollen Vertreter von Unternehmen, Gewerkschaften und Zivilgesellschaft diskutieren, wie ein neues Textil-Siegel aussehen könnte. Die Forderung des Ministers - vom Baumwollfeld bis zum Kleiderbügel - bestimmte Standards einzuhalten, sei allerdings fast unmöglich zu gewährleisten, sagte Wengler. Die Unternehmen könnten keine Garantie dafür geben, dass sowohl beim Saatgut für die Baumwolle, der Ernte sowie der Verarbeitung in Spinnereien, Färbereien, Webereien oder Nähereien alles "sauber sei".

Daher gibt Wengler auch den Plänen des Ministers, die Standards notfalls per Gesetz einzufordern, kaum eine Chance: "Eine Ware, von der ich nicht 100-prozentig weiß, dass auf allen Lieferstationen alle Standards eingehalten wurden, ist nicht verkehrsfähig." Da eine Garantie nicht möglich sei, müssten der Handel und die Lieferländer durch ein solches Gesetz mit erheblichen wirtschaftlichen Einbußen rechnen. Zudem geht Wengler davon aus, dass Nischenanbieter die Preise dann nach oben treiben werden. Sein Verband repräsentiert große Import-Handelsfirmen wie die Otto-Gruppe, REWE, Tchibo, Lidl, Deichmann, Adidas und Puma sowie Branchenverbände.

Der Handelsexperte plädierte vor allem für mehr Kontrollen und für eine stärkere Sensibilisierung der Branche. Die Zahl der schwarzen Schafe sei in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen, sagte Wengler. Man höre kaum noch Berichte über Missstände aus China oder Vietnam. Im Moment konzentriere sich die Berichterstattung vor allem auf die Zustände in Bangladesch, wo vor etwa einem Jahr mehr als tausend Beschäftigte bei einem Fabrikeinsturz ums Leben kamen.

Wengler räumte ein, dass es noch ein weiter Weg sei, bis es zur Selbstverständlichkeit werde, dass Waren unter ökologischen und sozialen Standards gefertigt werden. Die Weichen dafür seien aber längst auch in der Wirtschaft gestellt.