Vatikan verteidigt seinen Umgang mit Kindesmissbrauch

Vatikan verteidigt seinen Umgang mit Kindesmissbrauch
Der Vatikan hat vor einem UN-Gremium seinen Umgang mit den Fällen von Kindesmissbrauch durch katholische Priester verteidigt. Die katholische Kirche gehe mit aller Macht gegen diese "ungeheuerlichen Verbrechen" vor, versicherte Erzbischof Silvano Tomasi am Donnerstag vor dem Kinderrechtsausschuss der Vereinten Nationen in Genf. "Derartige Verbrechen können niemals entschuldigt werden", betonte Tomasi, der die Delegation des Heiligen Stuhls bei den UN in Genf leitet.

Der Vatikan kooperiere mit staatlichen Stellen in verschiedenen Ländern und habe Richtlinien für örtliche Kirchen erlassen, um neue Fälle von Missbrauch zu verhindern. So lege die katholische Kirche größtmögliche Sorgfalt bei der Auswahl der Priesteramtskandidaten an den Tag.

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Menschenrechtsorganisationen werfen dem Vatikan jedoch Vertuschung vor. Priester und Mitarbeiter der katholischen Kirche, die Kinder missbraucht hätten, würden geschützt. "Zu lange waren die Missbrauchten die einzigen, die redeten", erklärte Pam Spees vom Center for Constitutional Rights in den USA. Aktivisten gehen von weit mehr als 100.000 Fällen von Kindesmissbrauch durch Priester oder anderes Personal der katholischen Kirche weltweit aus.

Der Kinderrechtsausschuss hatte zuvor detaillierte Informationen über Opfer, Täter und Maßnahmen der katholischen Kirche verlangt. Der Heilige Stuhl lehnt das aber ab. Nach seiner Rechtsauffassung liegt die Verantwortung für die Verfolgung bei den Staaten, in denen der Missbrauch stattfand.

Sprecher: Bischöfe sind keine Vertreter des Papstes

Vatikansprecher Federico Lombardi betonte, einige der vom Kinderrechtsausschuss vorgelegten Fragen setzten voraus, dass Bischöfe und Ordensobere in den einzelnen Ländern "als Vertreter oder Delegierte des Papstes handeln". Diese Annahme entbehre jedoch jeder Grundlage.

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Daher sei die Beantwortung von Fragen etwa zu Missbrauchsfällen in Irland für eine Überprüfung der Achtung der Kinderrechtskonvention durch den Heiligen Stuhl nicht relevant. Die Verfolgung dieser Fälle sei Sache der Justizbehörden der jeweiligen Länder.

Erzbischof Tomasi wies in einem Interview mit dem Sender Radio Vatikan zudem Kritik am Umgang der katholischen Kirche mit sexuellem Missbrauch durch Geistliche grundsätzlich zurück. "Der Vorwurf, der Heilige Stuhl habe die Justiz behindert, scheint mir aus der Luft gegriffen", sagte der italienische Vatikandiplomat. "Den Gang der Justiz zu behindern wäre eine ungehörige und ungerechte Einmischung."

Im Februar soll Empfehlung veröffentlicht werden

Der Vatikan hat die Kinderrechtskonvention 1990 ratifiziert und muss sich turnusmäßigen Anhörungen über die Umsetzung vor dem Kinderrechtsausschuss stellen. Die Konvention verpflichtet die Staaten, Kinder vor Missbrauch zu schützen. Der Heilige Stuhl vertritt die Auffassung, er sei nur für die Umsetzung der Kinderrechtskonvention im Kirchenstaat verantwortlich.

Der Ausschuss will Anfang Februar seine Empfehlungen an den Heiligen Stuhl zu den Missbrauchsfällen veröffentlichen. Die Empfehlungen sind rechtlich nicht bindend, denn der Ausschuss hat keine Sanktionsmöglichkeiten gegen Staaten.

Unter dem Eindruck von Missbrauchsskandalen vor allem in den USA und in Irland verschärfte der Heilige Stuhl in den vergangenen Jahren die Verfolgung der Täter. Zuvor waren betroffene Priester vielfach in andere Pfarreien versetzt worden, wenn Vorwürfe gegen sie erhoben wurden.