Amerikanisches Säbelrasseln gegen Syrien

Foto: dpa/Mc1 Lolita Lewis
Der amerikanische Lenkwaffenzerstörer USS Mahan (DDG 72). Von diesem und drei weiteren Schiffen könnten "Tomahawk"-Marschflugkörper in Richtung Syrien abgefeuert werden. Der Zerstörer befindet sich seit drei Jahren in europäischen Gewässern und wurde jüngst ins östliche Mittelmeer beordert.
Amerikanisches Säbelrasseln gegen Syrien
Medien: Militärangriffe auf Assad-Regime frühestens ab Donnerstag denkbar
Nach den möglichen Giftgasattacken des syrischen Regimes drohen die USA dem Diktator Assad immer lauter mit Militärschlägen. Die Vereinten Nationen schiebt die Obama-Regierung dabei ins Abseits. Auch der internationale Einsatz im Kosovo (1999) und der Krieg im Irak (2003) wurden ohne UN-Mandat geführt. Nach jüngsten Meldungen sind Raketenangriffe auf Syrien frühestens ab Donnerstag denkbar. Das berichtete der US-Sender NBC unter Berufung auf namentlich nicht genannte ranghohe Regierungsbeamte in Washington. Die Angriffe würden sich über drei Tage erstrecken und seien in ihrem Umfang begrenzt.
27.08.2013
epd
Jan Dirk Herbermann

Mit ernster Miene baute sich US-Außenminister John Kerry vor den Fernsehkameras auf. Er ließ keinen Zweifel zu: Das syrische Regime habe die mörderischen Giftgasattacken von vergangener Woche in der Region Damaskus verübt. Präsident Baschar al-Assad und seine Truppen hätten etliche Männer, Frauen und Kinder auf dem Gewissen. Die Beweise für Assads Schuld seien "schreiend", erklärte Kerry am Montag: "Mit unseren eigenen Augen sind wir alle Zeugen geworden."

###mehr-artikel###Der harsche Auftritt Kerrys fügt sich in die Politik der Supermacht USA im Syrien-Konflikt ein. Seitdem die Bilder des mutmaßlichen massiven Giftgaseinsatzes weltweit Abscheu und Entsetzen auslösten, verschärft Washington seine Rhetorik gegen Assad. Das Weiße Haus erwägt auch Militärschläge gegen den Diktator von Damaskus. US-Präsident Barack Obama hatte schon zuvor erklärt, der Einsatz chemischer Waffen im syrischen Bürgerkrieg sei eine "rote Linie". Das Überschreiten könne eine US-Militärintervention nach sich ziehen. "Mit dieser Drohung hat sich Obama selbst unter Druck gesetzt, jetzt muss er handeln, will er glaubwürdig bleiben", erklärt ein Diplomat.

Die Amerikaner setzen zunehmend auf einen Alleingang im Syrien-Konflikt - und stellen damit die Vereinten Nationen ins Abseits. So wartete Außenminister Kerry mit seinen Giftanschuldigungen gegen Assad nicht ab, was die UN-Chemiewaffeninspektoren zutage fördern. Seit Montag untersuchen die Inspektoren mögliche Tatorte in der Region Damaskus. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erhielt schon Zwischenresultate, ein abschließendes Urteil ist aber noch nicht möglich. "Ich warte auf einen vollständigeren Report", sagte er am Montagabend.

Obama: Angriff ohne UN-Mandat

Zudem: Für die Anwendung von Gewalt in Syrien bräuchten die Amerikaner eine Genehmigung durch den Sicherheitsrat der UN. Allein der Rat darf laut Völkerrecht ein Eingreifen mit Waffen erlauben. Doch es scheint, als ob Washington sich gar nicht um eine Autorisierung durch den Sicherheitsrat schert. Obama räsonierte öffentlich im Sender CNN über einen US-Angriff auf ein anderes Land "ohne UN-Mandat".

Damit könnten die USA einem alten Muster folgen. Amerikaner und Verbündete intervenierten 1999 im Kosovokonflikt, und sie griffen 2003 den Irak an - in beiden Fällen erteilte der UN-Sicherheitsrat keine Erlaubnis dazu. Die Alleingänge stürzten die UN in eine Legitimationskrise. Diplomaten an den UN-Sitzen in New York und Genf befürchten jetzt: Eine weitere Militäraktion ohne UN-Mandat würde der Weltorganisation als politischer Institution zur Friedenssicherung wieder schweren Schaden zufügen. 

###mehr-links###Dass die Amerikaner die UN links liegen lassen, hat seine Gründe: Seit Ausbruch des Konflikts zwischen Assad und der Opposition im März 2011 schützen die UN-Vetomächte Russland und China das Regime. Alle Versuche der USA und ihrer Verbündeten, im UN-Sicherheitsrat eine harte Gangart gegen den Tyrannen durchzusetzen, vereitelten Moskau und Peking.

Ebenso deuten Berichte in US-Medien darauf hin, dass die Amerikaner im Syrienkonflikt nicht mehr auf die UN und die Diplomatie setzen: Danach ließ die US-Regierung ein geplantes Treffen mit Vertretern Russlands in Den Haag platzen. Die Unterhändler beider Seiten sollten eine Friedenskonferenz für Syrien am UN-Europahauptsitz in Genf vorbereiten. 

Sondergesandter Brahimi brüskiert

Die Absage aus Washington brüskiert auch Lakhdar Brahimi, den Sondergesandten der UN und der Arabischen Liga für Syrien. Brahimi bemüht sich seit Monaten, das Syrien-Treffen in Genf zustande zu bringen. Der frühere algerische Außenminister und sein Team verlegten bereits ihr Büro von New York nach Genf, um die Konferenz zu strukturieren. Noch in der vergangenen Woche sagte Brahimi, die Konferenz könnte im September stattfinden. Jetzt aber wird es immer unwahrscheinlicher, dass in absehbarer Zeit ein Treffen zur friedlichen Lösung des Konflikts zustande kommt.