TV-Tipp des Tages: "Verratene Freunde" (ARD)

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TV-Tipp des Tages: "Verratene Freunde" (ARD)
TV-Tipp des Tages: "Verratene Freunde", 20. März, 20.15 Uhr im Ersten
Bauunternehmer Peter Staude sammelt in großem Stil Spenden, mit denen er nicht nur Einrichtungen für Behinderte finanziert hat, sondern auch sein Eigenheim.

2007 haben Autor Daniel Nocke und Regisseur Stefan Krohmer einen ihrer vielen Filme lakonisch "Mitte 30" genannt. Das Drama "Verratene Freunde" könnte auch "Mitte 40" heißen. In der zwölften Zusammenarbeit der beiden Partner, deren gemeinsame Filmografie nur so gespickt ist mit vielfach ausgezeichneten Werken ("Familienkreise", "Ende der Saison", "Dutschke"), geht es um ein einfach formuliertes, aber ausgesprochen schwer zu lösendes Dilemma: Wie soll man sich verhalten, wenn man einen Freund bei einer Unregelmäßigkeit ertappt? Um zu vermeiden, dass sich die Frage gar nicht erst stellt, weil das Vergehen entweder zu leicht oder aber zu schwerwiegend ist, lassen Nocke und Krohmer den Bauunternehmer Peter Staude (Heino Ferch) derart viel Geld unterschlagen, dass er sich davon eine ziemlich teure Villa bauen konnte. Sein moralischer Gegenspieler Andreas Rogel (Matthias Brandt) ist ein integrer Schulleiter, der vor allem über die Diskrepanz zwischen Schein und Sein erbost ist: Staude sammelt in großem Stil Spenden, mit denen er nicht nur Einrichtungen für Behinderte finanziert hat, sondern auch sein Eigenheim.

Intellektueller Anspruch mit Lebensnähe

Die Drehbücher, die Nocke für Krohmer schreibt, wirken oft wie Fallstudien, weil es fast immer um existenzielle Fragen geht. In diesem Fall ist Rogels Dilemma der Auslöser einer Kettenreaktion, in deren Verlauf zwei Ehen zerbrechen. Daher auch die mögliche Titelalternative "Mitte 40": Im Zentrum der Handlung stehen nicht nur die Männer, sondern auch ihre Frauen, was den Vorteil hat, dass Krohmer mit gleich vier formidablen Schauspielern arbeiten konnte. Für beide Gattinnen ist ein Punkt erreicht, an dem es keine Rückkehr gibt: Christa Staude (Katja Riemann), ohnehin unglücklich über ihren Status als Frau an der Seite eines erfolgreichen Mannes, verlässt den Gatten, als sie von der Veruntreuung erfährt. Heike Rogel (Barbara Auer) tut es ihr gleich, weil Andreas den Freund in ihren Augen denunziert hat. Dass sie überdies ein Verhältnis mit Staude hat, erleichtert den Schritt.

Wie immer gelingt es Nocke, intellektuellen Anspruch mit Lebensnähe zu verbinden: Die Dialoge bieten Bosheit auf hohem Niveau und sind entsprechend sorgsam formuliert, klingen aber trotzdem authentisch; allerdings werden sie auch ausgesprochen glaubwürdig vorgetragen. Auer und Brandt spielen hier nach "Vier sind einer zuviel", "Die Wölfe" sowie "Das Ende einer Nacht" zum wiederholten Mal ein Paar und entdecken dennoch immer wieder neue Reibungspunkte. Nicht minder reizvoll ist die Kombination des Duos Auer/Ferch, das gerade in der Leidenschaft dieser verbotenen Beziehung überzeugt, zumal Krohmer den Sex nicht als Erotik verpackt.

Etwas entwertet wird Rogels Tat, weil ihm Staude im Grunde egal sein kann. Seine Freundschaft gilt streng genommen nicht dem Bauunternehmer, sondern dessen Frau; Staude ist bloß ein angeheirateter Freund. Andererseits machen es Nocke und Krohmer ihren Zuschauern bewusst schwer, für einen der Männer Partei zu ergreifen: Staude hat gute Taten vollbracht, die Mitarbeiter seiner Stiftung decken seinen Betrug, die Behinderten lieben ihn. Und Rogel, der eine deutliche Wandlung vollzieht, greift schließlich selbst zu unlauteren Mitteln.

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Die Bildgestaltung (Kamera: Patrick Orth, Schnitt: Boris Gromatzki), auch dies ein Merkmal der Filme Krohmers, ist erneut von bemerkenswerter Sorgfalt. Die Ausstattung dient konsequent der Charakterisierung der Hauptfiguren; Rogels Traumhaus zum Beispiel ist ein kühler, farbloser Zweckbau mit Hightech-Ausstattung. Und dann sind da noch die beiläufigen Details; etwa, dass das Ehepaar Rogel beim Antrittsbesuch im neuen Heim der Staudes die Klingel nicht finden kann. Wenn am Ende alle Beteiligten erneut in dem Haus aufeinandertreffen, schließt sich der Kreis; aber nichts ist mehr, wie es zu Anfang war.