Filmkritik der Woche: "Hitchcock"

Twentieth Century Fox
Filmkritik der Woche: "Hitchcock"
Der Regisseur, seine Frau und die Blonde in der Dusche: Sacha Gervasis Film "Hitchcock" erzählt, wie der berühmte Regisseur mit "Psycho" die Welt erschauern ließ. Neben dem brillanten Anthony Hopkins in der Hauptrolle ist Helen Mirren als Alfred Hitchcocks Frau Alma zu sehen. Und die hat in diesem "Psycho"-Gramm ziemlich viel zu sagen.
13.03.2013
epd
Patrick Seyboth

Er ist ein Meilenstein des Horrorkinos und enthält die vielleicht berühmteste Szene der Filmgeschichte, den Mord unter der Dusche. Aber als Alfred Hitchcocks Film "Psycho" 1960 in die Kinos kam, hatte er es bei der Kritik schwer. Von Schwierigkeiten war diese Produktion von Anfang an gezeichnet gezeichnet gewesen. Doch Hitchcock wollte diesen Film unbedingt machen, gegen alle Widerstände. Von den Bedenken seines Umfelds und den Finanzierungsnöten über die aus heutiger Sicht bizarren Kämpfe mit der Zensur bis hin zum gewieften Marketing und zum Triumph beim Publikum, das offenbar reif für einen Schock war, erzählen Autor John J. McLaughlin und Regisseur Sacha Gervasi in "Hitchcock" die Geschichte des Films. Und das tun sie wiederum ziemlich gut gelaunt und in opulenten Bildern.

Getragen wird der Film von einem famosen Ensemble, allen voran die Allzweckwaffe Anthony Hopkins ("Das Schweigen der Lämmer"), die hier dank großer Maskenbildnerkunst mit den bekannten Bildern von Hitch verschmilzt, und die wunderbare Helen Mirren als seine Frau Alma Reville. Trefflich besetzt ist der Film bis in die Nebenrollen: Obwohl Scarlett Johansson der echten Janet Leigh kaum ähnlich sieht, schmiegt sie sich perfekt in diese Rolle ein; James D’Arcy verblüfft als Anthony Perkins.

Mit Stephen Rebellos Buch "Alfred Hitchcock and the Making of ‚Psycho’" als Vorlage ist der Film eine lustvolle Reise in die Welt des "Master of Suspense", ein mit schwarzem Humor garniertes Füllhorn an Fakten und Anspielungen. Regisseur Gervasi, der 2008 mit dem Dokumentarfilm "Anvil" über die gleichnamige Metalband bezauberte, bewegt sich hier auf neuem Terrain.

Balance zwischen Zärtlichkeit und Grausamkeit

Doch wie in "Anvil" geht es auch in "Hitchcock" um die unbeirrbare Leidenschaft von Künstlern für ihre Kunst. Eine Entzauberung, gar eine Demaskierung des Mythos ist "Hitchcock" nicht. Obwohl er sich bemüht, in das Innenleben des komplizierten Menschen einzutauchen, offenbart der Film wenig von der "dunklen Seite des Genies". Wohlwollend suchen McLaughlin und Gervasi die Balance zwischen Zärtlichkeit und Grausamkeit des Regisseurs. Eingeflochten sind zwar imaginäre Begegnungen zwischen Hitchcock und dem berüchtigten Frauenmörder Ed Gein, der die "Psycho"-Erzählung inspiriert hat. Doch Hitchcocks Getriebenheit wirkt in ihrer filmischen Darstellung unausgegoren.

Geistreich und pointiert thematisiert der Film auch die Chemie zwischen Hitchcock und seiner Frau Alma Reville. So ist Hitchcock in gleichem Maße ein Liebesfilm wie ein Künstlerfilm, er erzählt von Almas Eifersucht wegen Hitchcocks Blondinenobsession und von Hitchcocks Eifersucht wegen Almas Zuneigung für den Autor Whitfield Cook. Das Drehbuch bewegt sich dabei am Rande des Spekulativen, bewahrt aber stets das richtige Maß an Zurückhaltung. Und ganz wunderbar ist, wie es Almas Bedeutung für Hitchcocks Schaffen würdigt, die bis heute so gerne vergessen wird. In der Stummfilmzeit selbst als Cutterin erfolgreich, verschwand sie später im Schatten ihres Mannes, steuerte aber zu jedem seiner Filme Rat und Ideen bei – und der Meister hörte auf sie.

Regie: Sacha Gervasi. Buch: John J. McLaughlin (nach einem Roman von Stephen Rebello). Mit: Antohny Hopkins, Helen Mirren, Scarlett Johansson, Danny Huston, Toni Collette, Michael Stuhlbarg, Jessica Biel. Länge: 98 Minuten. FSK: ab 12 Jahre, ff.  FBW: besonders wertvoll.